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PANISCH ERHÖHT DIE ZENTRALBANK ERNEUT DIE ZINSENViel zu furchtsam

Überraschend hat die Europäische Zentralbank gestern die Leitzinsen im Euro-Währungsraum um ein viertel Prozent erhöht. Das ist eine Entscheidung in die falsche Richtung.

Die EZB fürchtete sich von Anfang an vor Inflation und Geldmengenwachstum. Der Euro sollte seinen guten Ruf nicht verlieren und als stabile Währung eingeführt werden. Nichts davon hat sie erreicht. Und die Bank scheint nicht lernfähig zu sein: Immerhin ist der Ruf des Euro schon seit längerem ruiniert, angesichts des andauernden Sinkflugs gegenüber Dollar und Pfund. Mit ihrer Maßnahme gestern konnte die EZB die Devisenhändler zwar überraschen – was auf lange Sicht jedoch ihrem Ruf als seriöse Zentralbank eher schadet als nutzt –, doch Erfolg hatte sie praktisch keinen. Der Euro stieg nach der Nachricht von der Zinserhöhung um 0,3 Cent. Na toll. Da schwankt er jeden Tag ohne irgendwelche Eingriffe stärker.

Viel schlimmer ist, dass die Euro-Zentralbank nicht einsehen will, dass wir ganz andere Probleme haben als das bisschen Inflation oder eine niedrige Währung. Durch den hohen Ölpreis steht die Teuerung derzeit bei etwa 2,3 Prozent pro Jahr, also leicht über dem EZB-Ziel von 2,0 Prozent. Na und? Außerhalb der Ölprodukte ist von einer Binneninflation nichts zu merken. Vor allem Deutschland wartet vielmehr auf ein stärkeres und dauerhaftes Anziehen der Konjunktur. Denn solange das Wirtschaftssystem so ist, wie es ist, entstehen neue Arbeitsplätze nur bei langjähriger guter Konjunktur. Und genau die droht die EZB mit ihren andauernden Zinssteigerungen abzuwürgen.

Es kann sein, dass sich Unternehmen und Privatleute auch durch etwas höhere Zinsen nicht von Investitionen abhalten lassen. Dann würden sich vielleicht sowohl Wirtschaftswachstum wie auch Arbeitslosenzahlen positiv entwickeln. Und eine boomende Wirtschaft hilft dem Euro mindestens so viel wie eine Zentralbank-Entscheidung – siehe USA. Die unsouveräne EZB jedenfalls hilft dem Euro nicht. REINER METZGER

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