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Frühstücksretter

Hamburgs Nachtschwärmer jubeln: Ein neues Gutachten hilft auch „Erika's Eck“  ■ Von Erhard Zierfandler

Der Fleischgroßmarkt ist ein bedeutender Faktor im Hamburger Wirtschaftsleben. Das bestätigt auch die Hamburger Wirtschaftsbehörde. Dennoch, sagt deren Sprecher Bernd Meyer, gehe es nun darum, die Interessen der Fleischer und der Hamburg Messe zusammenzubringen. Denn letztere will sich erweitern, eventuell in Richtung Schanzenviertel. Und um herauszufinden, wie wichtig denn der Großmarkt wirklich ist, gab die Behörde, wie sie es in solchen Fällen immer macht, ein Gutachten in Auftrag, das morgen vorgestellt werden soll.

Es enthüllt: Der Großmarkt muss bleiben. Allerdings nicht nur wegen der Arbeitsplätze und Wirtschaftsdaten, die die Behörde in ihren Statistiken gerne als Argumente anführt. Sondern auch um des Hungers Willen. Denn nur wenn in der Nachbarschaft weiterhin die Metzger ihrem blutigen Gewerbe nachgehen, bleibt „Erika's Eck“ bestehen, die Lokalität, die ihre Pforten zeitgleich mit denen des ehemaligen Schlachthofs öffnet und schließt. Egal ob ein Frühaufsteher vergessen hat, einholen zu gehen, oder ein Nachtschwärmer mit deftiger Nahrung versucht, den Rausch aus dem Körper zu treiben: Wo sonst können sie in Hamburg bereits morgens um drei ihr Frühstück einnehmen?

Nebenbei lässt es sich prächtig gruseln, wenn ein Mensch mit langem Messer und blutbesudelter Weste den Gastraum betritt und auch noch freundlich von – übrigens äußerst aufmerksamem – Personal begrüßt wird. Aber keine Angst, in der Regel handelt es sich um einen Angestellten des Fleischgroßmarkts, der seine Pause in der heimeligen Kneipe verbringt.

Darum rettet das Gutachten der Wirtschaftsbehörde nicht nur das Areal an der Lagerstraße, sondern, so steht zu hoffen, auch „Erika's Eck“.

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