■ Die Vorschau: Die Mutter aller Opern
Ein besonderes Ereignis bietet der Osterchorsteinway heute und morgen um 20 Uhr in der Kirche Unser Lieben Frauen. Zur Aufführung kommt nämlich die früheste überlieferte Oper, „Rappresentazione di Anima e di Corpo“ von Emilio Cavalieri. Das Spiel von Seele und Körper also, „neu in Musik gesetzt als Sprechgesang“, wie es im Untertitel heißt. In Florenz hatte sich 1580 eine Gruppe, die so genannte „Camerata fiorentina“ gebildet, die eigentlich die Wiederbelebung der Theaterpraxis der Antike zum Ziel hatte. Cavalieri gehörte ihr an. Man nahm an, dass die antiken Dramen in einer Art Sprechgesang vorgeführt wurden. Dieser Versuch, der sich in seiner Einfachheit der zeitgenössischen kontrapunktischen Musik entgegenstellte, endete in der Erfindung der Monodie, dem einstimmigen Gesang, deren erster großer Komponist Claudio Monteverdi werden sollte.
Cavalieris 1600 in Rom uraufgeführtes Werk spielt in drei Sphären, auf der Erde, dem Himmel und in der beide verbindenen Zeit. Es beginnt mit einem Dialog zwischen zwei Jünglingen, der Einsicht und der Umsicht, über die rechte Lebensweise. In „neuen, seltsamen Bildern“ wollen sie die Richtigkeit ihrer Überlegungen vor aller Augen darstellen. Die beiden allegorischen Gestalten Anima und Corpo haben sich für die Welt oder den Himmel zu entscheiden, sie begegnen der Verführung durch das weltliche Leben und haben dazu einen Schutzengel auf ihrer Seite. Cavalieri verlangt für den inhaltlichen Reichtum seiner heute selten gespielten Musik SolistInnen, Chöre und instrumentale Ritornelle. Wer sich klarmachen will, dass die Gattung Oper hier regelrecht „erfunden“ wurde, für den ist die Aufführung unter der Leitung von Manfred Seidl ein „Muss“. usl
12. und 13. Oktober, 20 Uhr in der Kirche Unser Lieben Frauen
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