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Sammeln der Hilfstruppen

Wenn Stölzl die Kulturtöpfe kürzt: Die Grünen und der Rat für die Künste machen sich an eine Bestandsaufnahme des Schadens, der bei freien Gruppen entstehen könnte

Frau Wankel kocht vor Ärger. „Hab ich dafür Stölzls Tochter durchs Abitur gebracht, dass er solchen Mist behauptet!“ Der pensionierten Lehrerin und ehemaligen Vorsitzenden des Künstlerinnenfördervereins Gedok ist soeben die Behauptung des Kultursenators zu Ohren gekommen, dass es keine Benachteiligungen von Künstlerinnen gibt. Damit verteidigt er, 183.500 Mark für Projekte der Frauenkultur im Kulturhaushalt 2001 einzusparen. Frau Wankel hat sofort Gegenbeispiele parat: 82 Komponisten wurden von den Berliner Festwochen vorgestellt und eine einzige Komponistin. Lesungen, Ausstellungen und Konzerte der Gedok aber waren von der Künstlerinnenförderung abhängig. „Fällt die Förderung jetzt weg, waren zehn Jahre Arbeit für die Katz“, empört sich Wankel.

Sie hat von diesem Anschlag im Abgeordnetenhaus gehört, in das Alice Ströver für das Bündnis 90/Die Grünen am Dienstagabend zum „Kulturpolitischen Ratschlag“ eingeladen hatte. Am gleichen Tag hatte schon der Rat für die Künste Stölzls Sparversuche als eine deutliche Absage an die zeitgenössischen Künste gewertet. Gestrichen sind die Mittel für Kunstankäufe. Das Ressort Internationaler Kulturaustausch kann mit einem halbierten Etat von 500.000 Mark wohl kaum der Aufgabe, Berlin als Drehscheibe auszubauen, nachkommen. 25.000 Mark spart der Senat, indem er die Transmediale streicht, die im Podewil jährlich der Videokunst galt. Auch die Förderung durch Stipendienprogramme erleidet eine Einbuße um 20 Prozent.

Den Zahlen, musste Ströver erklären, droht eine weitere Korrektur nach unten. Noch fehlen in der Kalkulation 5 Prozent oder 16 Millionen, die auf Grund des Gesetzes zur Haushaltskonsolidierung eingespart werden müssen. Der Kultursenator hat es zwar geschafft, die Theater- und Opernhäuser von der Regelung auszunehmen. Dass dies nun die freien Träger und als Alleinunternehmer operierenden Künstler ausbaden müssen, ist die Angst der grünen Politikerin.

Zudem waren im Kulturbereich bisher 1.313 Arbeitsplätze über Strukuranpassungsmaßnahmen finanziert, von denen nach einer Entscheidung des Finanzsenators nächstes Jahr 400 wegfallen. Schauplätze wie der Wasserspeicher im Prenzlauer Berg oder die Klosterruine drohen so zu verwaisen. Dass die Einsparungen in keinem Verhältnis zu den wegbrechenden Leistungen stehen, bezweifelte niemand der Veranstalter, die Strövers Einladung gefolgt waren. Aber an Gegenstrategien mangelt es den Einzelkämpfern in der Kultur bisher ebenso wie der politischen Opposition.

Um mehr Öffentlichkeit für die Probleme zu schaffen, lädt die Kulturbrauerei zur „Langen Nacht der Offkultur“ ein (17. November). Der Rat für die Künste fordert ein Aussetzen der Einsparungen und Aushandeln langfristiger Verträge für die freien Träger. Auch Ströver würde deren Arbeit gerne aus den „disponiblen Mitteln“ herausbekommen und ihre Unterstützung gesetzlich verankern. „Man muss den Parlamentariern mehr auf die Füße treten und Präsenz zeigen“, forderte sie die Kulturmacher auf, ihr als Hilfstruppen im Unterausschuss Theater beizustehen. KATRIN BETTINA MÜLLER

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