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Machtkampf in Belgrad

Alte serbische Regierung will doch nicht zurücktreten. Entscheidungen der „Kräfte“ um den neuen Präsidenten Koštunica sollen ignoriert werden. Bombe in Zentrale der Radikalen Partei Serbiens

BELGRAD afp/rtr/taz ■ Die serbische Regierung hat nach den Worten eines Funktionärs der Sozialistischen Partei erklärt, sie ignoriere die Entscheidungen der Kräfte um den neuen Präsidenten Vojislav Koštunica und setze ihre Arbeit fort. Dies meldete der Rundfunksender B-92 gestern Nachmittag. Damit deutet sich ein offener Machtkampf zwischen den Milošević-Anhängern und den Unterstützern Koštunicas an.

Bereits in der Nacht zum Mittwoch hatte es eine Explosion in der Zentrale der Radikalen Partei Serbiens gegeben. Die Parteiführung sprach von einer „Bombe“, die geworfen worden sei, weil die Partei „niemals“ die „gewaltsame Machtübernahme“ durch die Opposition anerkennen würde.

Das Oppositionsbündnis DOS kündigte neue Massendemonstrationen an, wenn die Milošević-Anhänger nicht zur Fortsetzung der Verhandlungen über eine Übergangsregierung in Serbien bereit seien. DOS-Führer Zoran Djindjić sagte, Koštunica wolle den von Milošević abgesetzten Armeechef Momcilo Perisić zum Oberbefehlshaber machen. Die Armeeführung warnte jedoch vor „Säuberungen“ von Gefolgsleuten Milošević’.

Die Regierung sei für vier Jahre gewählt, und nur sie könne rechtliche Entscheidungen fällen, sagte der sozialistische Parteifunktionär Branislav Ivković dem Radiosender. Verhandlungen über eine Übergangsregierung lehnte er erneut ab. Nach dem Rücktritt von Innenminister Vlajko Stojilković habe der serbische Ministerpräsident Mirko Marjanović die Kontrolle über die Polizei übernommen. Ivković verlangte, dass die serbische Regierung auch wieder die Kontrolle über das staatliche Fernsehen übernehme. Gefolgsleute von Milošević forderten, dass sie Polizei die Aufsicht über diejenigen Betriebe übernehmen solle, deren Führungen von der Bevölkerung in den letzten Tagen verjagt worden seien. sf

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