berliner opernhäuser: Selbständigkeit verspielt
Als „maßvolle Revolution“ bezeichnete der Kultursenator seine Pläne für die Berliner Opernfusion gestern selbst. In der Tat: Besonders umstürzend erscheinen die Reformpläne nicht. Stölzl hat lediglich das Minimum an Reformen aufgeschrieben, das nach der erregten Debatte des vergangenen Sommers unumgänglich erschien.
Kommentarvon RALPH BOLLMANN
Die Betroffenen sehen das naturgemäß anders. Die Orchestermusiker der Lindenoper beklagen lauthals, die traditionsreiche Staatskapelle werde nach der Reform bestenfalls noch eine „Stutzkapelle“ sein. Doch die Selbständigkeit des Klangkörpers wurde nicht von Stölzl verspielt, sondern von jenen, die im vergangenen Jahrzehnt die verfehlte Programmpolitik der beiden großen Berliner Opernhäuser zu verantworten hatten.
Chefdirigent Daniel Barenboim hatte das Hausorchester der Staatsoper vor allem auf dem Konzertpodium zu Triumphen geführt. Dort aber tummelten sich bereits vier andere Berliner Orchester, allen voran die renommierten Philharmoniker. Auf dem Feld der Oper aber führte Barenboim seine Musiker in eine unsinnige Konkurrenz mit der Deutschen Oper in Charlottenburg.
Dass der finanziell klamme Staat die selbständige Existenz eines Opernhauses nur noch dann garantieren würde, wenn es sich durch ein überzeugendes künstlerisches Profil legitimiert – das war spätestens seit Mitte der Neunzigerjahre klar. An Warnungen von Politikern und Kritikern hat es gewiss nicht gefehlt. Doch die Musiker, die jetzt so lauthals klagen, stellten sich taub.
Jetzt muss sich erst zeigen, ob der konfliktscheue Stölzl die schwierige Reform wirklich durchstehen kann – zumal er beim Personal längst nicht mehr die freie Wahl hat. An Reformpapieren für die Berliner Kultur hat es im vergangenen Jahrzehnt nicht gefehlt. Wird das Konzept auch diesmal in Berliner Manier zerredet und verzögert, kann es für das hiesige Opernleben nur noch schlimmer kommen.
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