piwik no script img

Keiner will für Ölkosten blechen

Debatte um die Ölpreiskompensationen im Bundestag: Eichel verteidigt Ökosteuer. Jenseits der bekannten Forderungen zeichnet sich ein Kompromiss ab: Bund übernimmt Heizkostenzuschuss allein – Länder beteiligen sich an Entfernungspauschale

von MATTHIAS URBACH

„Wir müssen konsequent Energie sparen und weg von fossilen Energieträgern kommen, insbesondere vom Öl.“ Nein, das sagte gestern kein Grüner bei der ersten Lesung der Ölbeihilfen der Regierung. Das sagte Hans Eichel. Der Finanzminister zeigte sich gestern im Bundestag von der ökologischen Seite. Er zog Parallelen zu den Ölkrisen der 70er – und dabei auch zu Umweltpolitikern der FDP, die damals „auch mein ökologisches Denken nicht unwesentlich beeinflusst haben“.

Immer wieder sprach Eichel von mehr Energieeffizienz und demonstrierte damit, wie sehr sich die gesamte Regierung unter dem Druck der Opposition die Ökosteuer inzwischen zu eigen machen musste. Geplant sind eine höhere Entfernungspauschale von 80 Pfennig pro Kilometer für alle Verkehrsträger und ein einmaliger Heizkostenzuschuss. Im Streit mit den Ländern um die Finanzierung gab sich Eichel hart: Die finanzielle Lage der Länder sei viel besser als die des Bundes. Während der Gesamtstaat (also Bund, Länder und Gemeinden zusammen) bereits 2004 defizitfrei sein könne, würde der Bund allein dies nicht vor 2006 erreichen.

Die Länder geben sich bislang ebenso stur: Einhellig hatte vergangene Woche der Finanzausschuss des Bundesrates eine finanzielle Beteiligung abgelehnt. Nordrhein-Westfalen brachte gestern die Forderung auf, die Länder sollten als Ausgleich einen höheren Anteil an der Mehrwertsteuer erhalten. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) äußerte „Sympathie“ für diesen Vorschlag. Die von der Bundesregierung angepeilte Entfernungspauschale wird jährlich zu geschätzten Steuerausfällen von 1,8 bis 1,9 Milliarden Mark bei der Einkommenssteuer führen. Bislang erhalten Bund und Länder jeweils 42,5 Prozent dieser Steuereinnahmen, die Gemeinden 15 Prozent. Der einmalige Heizkostenzuschuss von fünf Mark pro Quadratmeter wird 1,3 bis 1,4 Milliarden Mark kosten – 200 Millionen mehr als zunächst angenommen. Da das ein Zuschuss zum Wohngeld sein soll, müssten ihn sich Bund und Länder je zur Hälfte teilen. Die Fronten sind verhärtet. Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) erklärte gar, er sehe nicht ein, „warum der Bund den Nutzen hat und die Länder den Schaden“. Aus Sicht Eichels habe die Kompensation nichts mit der Ökosteuer zu tun, sondern nur mit dem gestiegenen Rohölpreis – und sei daher eine gesamtstaatliche Aufgabe.

Doch jenseits des Pokers zeichnet sich eine mögliche Lösung ab. Aus Fraktionskreisen verlautete gestern gegenüber der taz, eine mögliche Kompromisslinie sei, dass der Bund den Heizkostenzuschuss allein übernehme. Dies ist auch deshalb denkbar, weil der nur für ein einziges Jahr gezahlt werden soll, Eichels Etat also im Wahljahr 2002 nicht mehr belasten würde. Derweil lehnte die Opposition die Beihilfen im Bundestag ab. FDP-Fraktionsvize Rainer Brüderle sprach von einem „Heftpflaster“. CDU-Fraktionsvize Peter Rauen will das „Übel an der Wurzel packen“ und die Ökosteuer abschaffen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen