Parteien-Krach um Orientierungsstufe

■ Weder die SPD noch die CDU noch die Grünen wollten die „Richtlinie“ der Bildungsbehörde zur Differenzierung in der Oberstufe akzeptieren / Der Streit wurde auf den November vertagt

„Die Stimmung war immer noch äußerst gereizt“, bemerkte der grüne Dieter Mützelburg, als gestern nach der internen Vorbesprechung der Koalition die reguläre Sitzung der Bildungsdeputierten begann. Dabei schien nach den vorbereiteten Unterlagen alles klar: Im Mai hatte es einen Bericht über die „Erfahrungen mit der inneren und äußeren Differenzierung“ in den Klassen fünf und sechs (Orientierungsstufe) gegeben, und nun will das Bildungsressort Konsequenzen daraus ziehen: Vom zweiten Halbjahr des fünften Schuljahres an dürfen die „Orientierungsstufen“, wenn die Schulkonferenz dies beschließt, in den Fächern Mathe, Deutsch und Fremdsprache nach Leistung in bis zu drei Gruppen differenziert. Das gehe nicht weit genug, stellte der CDU-Sprecher Klaus Bürger fest und beantragte, der Behörde solle ihre Richtlinie überarbeiten. „Das kam uns nicht ungelegen“, räumte die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Ulrike Hövelmann, ein, man müsse noch „nachdenken über einige Punkte“. Welche, will sie nicht sagen, weil der gesamte Komplex Ende Oktober auf einer internen Konferenz der SPD beraten werden soll. Für den grünen Bildungspolitiker Mützelburg ist die Sache kar: Da sei der „Einstieg in den Ausstieg aus der Orientierungsstufe“ als Richtlinie formuliert, empört er sich. Wenn das zur Abstimmung gestanden hätte, hätten die Grünen dagegen gestimmt.

Die Bildungsbehörde begründet ihren Vorschlag zur Möglichkeit der äußeren Differenzierung ab der fünften Klasse damit, dass sowohl von Elternseite wie von Schulseite „das Problem der Überforderung schwächerer Schülerinnen und Schüler und der Unterforderung leistungsstärkerer Schülerinnen und Schüler“ beklagt werde. In einer OS-Klasse sollen noch alle Schüler gemeinsam sitzen, in den drei besonders sensiblen Leistungsfächern und fast der Hälfte der Stunden soll es aber schon Leistungskurse geben. Ein Schulkind soll dabei in den verschiedenen Leistungs-Fächern in unterschiedlichen Leistungs-Gruppen sitzen können. Mit der Leistungsdifferenzierung soll die Einführung von Zeugnissen einher gehen.

Die Diagnose teilt Mützelburg, die Therapie nicht. „Die OS hat so keine Zukunft“, sagt er. Wenn man allerdings so verfahre, wie die Bildungsbehörde es vorbereite, dann würden manche Eltern doch sagen: „Da schicke ich mein Kind lieber gleich aufs Gymnasium.“ Nach Auffassung des Grünen sollten die Kinder bis zum Ende der sechsten Klasse zusammen bleiben, es müsse mehr Lehr-Personal für Binnendifferenzierung zur Verfügung gestellt werden.

Für Klaus Bürger von der CDU entspricht die vorbereitete „Richtlinie“ der Behörde schlicht nicht den Absprachen der Koalition. Für ihn ist klar, dass die Leistungsdifferenzierung „spätestens“ im zweiten Halbjahr der 5. Klassen beginnen „müsse“. Später sei es zu spät, weil schon die Problematik der Aufteilung am Ende der sechsten Klasse im Vordergrund stehe. Zudem müsse die Differenzierung in den drei Leistungsfächern verpflichtend sein, keine „kann“-Bestimmung.

Was Mützelburg als Sorge formuliert, ist für den CDU-Mann Bürger Programm: „Natürlich sind wir für die Abschaffung der Orientierungsstufe. Das wäre die sauberste Lösung, allerdings mit unserem Koalitionspartner derzeit nicht zu machen“. K.W.