piwik no script img

Rassige Euthanasie

■ Tierärztekammer übt scharfe Kritik an der Hamburger Hundeverordnung

Die Tierärztekammmer Hamburg hat gestern massive Kritik an der neuen Hamburger Hundeverordnung geübt. In einem Offenen Brief an SPD-Gesundheitssenatorin Karin Roth bedauerte Kammerpräsidentin Barbara Schöning, dass die Kammer zwar in die Vorgespräche über eine neue Hundeverordnung involviert war, nach dem tödlichen Pittbull-Bissen von Wilhelmsburg aber „nicht weiter eingebunden worden“ sei. Nach mehrjähriger Diskussionsphase hatte der Senat nach dem Tod des kleinen Volkan binnen 48 Stunden die Hundesverordnung verabschiedet und damit das Todesurteil für Pittbulls, American Staffordshire- und Bullterrier beschlossen. „Rassenkatalogen als primäre Basis zur Gefahrenabwehr müssen wir unter sachlich-fachlichen und wissenschaftlichen Aspekten ablehnen,“ sagt Schöning. „Rassenkataloge entbehren jeder wissenschaftlicher Grundlage.“

Wenn die Behörde „Rassekataloge damit rechtfertigen wollte, das Größe, Gewicht oder Beißkraft entscheidend für die Gefährlichkeit einer Rasse sind“, so Schöning, hätte der Hamburger Senat auch den Deutschen Schäferhund oder Rottweiler mit in die Rassenverordnung aufnehmen müssen. Erst vor zwei Wochen hatte ein im Zwinger gehaltener Schäferhund in Süddeutschland ein Kind mit 17 Bissen lebensgefährlich verletzt.

Nach Auffassung Schönings ist die Verordnung rechtswidrig. „Die momentane Hundeverordnung schafft Fakten, die unserer Ansicht nach nicht mit dem Tierschutzgesetz vereinbar sind.“ Einen Hund zur Gefahrenabwehr einzuschläfern, könne begründet sein, wenn dies individuell durch eine Diagnose bewiesen ist, meint Schöning, „Es kann aber nicht sein, dass ein Hund euthanasiert wird, nur weil er einer Rasse angehört.“

Die TierärztInnen wenden sich auch gegen den generellen Maulkorberlass: „Ursprünglich sozial kompetente Hunde können wegen gesteigertem Angressionsverhalten so zu einer realen Gefahr werden.“ Stefan Marks, Sprecher der Gesundheitsbehörde, wies die Kritik zurück. Man habe keinen Anlass, die Hundeverordnung zu ändern. kva

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen