trikotagen im frauenfußball
: Ja zum Flughafenausbau ohne Ausbau

Sie dürfen nicht. Und tun es doch

Mit dem Slogan „Ja! Zum Flughafenausbau“ wird derzeit in Zeitungen, Zeitschriften und auf großen Plakatwänden im Frankfurter Raum Meinung gemacht. Dabei kommt auch der Sport nicht zu kurz. So posiert ein Michael J. auf dem Plakat im Fußballdress vorm Tor und stellt grammatikalisch hölzern klar: „Eintracht ist nicht abgestiegen, und der Flughafen soll es auch nicht!“

Doch jetzt gibt es Ärger – um Trikotagen. Aneinander geraten sind Frauenfußball-Bundesligist FSV Frankfurt, der DFB und die Flughafen AG (FAG). Mit dem Plakatwandtext „Ja! Zum Flughafenausbau“ auf den Trikots wollten auch die FSV-Fußballfrauen am vergangenen Wochenende in die neue Saison starten. Doch für DFB-Sprecher Wolfgang Niersbach war schnell klar, dass der Slogan „eine politische Aussage ist“ und somit laut DFB-Satzung unzulässig. Da ist der Verband unerbittlich: In den 80er-Jahren wurde einem Club in Westfalen Leibchenwerbung für „Sandino-Dröhnung“ untersagt, weil damit die sandinistische Revolution in Nicaragua vorangetrieben würde. Also: Trikots ausziehen.

Der Bau einer weiteren Landebahn im Stadtwald am Frankfurter Flughafen ist selbst in der CDU der Anrainergemeinden umstritten. FSV-Präsident Bernd Reisig (37) findet „die Diskussion absurd“. Wie er politisch zur Startbahn steht, will er partout nicht verraten. Immerhin war er in den 80er-Jahren friedenspolitisch engagiert und gehörte zum Kreis der „Kulturlinken“ um Dieter Dehm (Musikmanager und Texter u. a. von Klaus Lage). Und er war Manager des hessischen Comedy-Duos Badesalz. Heute sagt er nur: Die Nationalelf sei ja auch schon mit dem Slogan „Keine Macht den Drogen“ aufs Feld gekommen, und über diese Aussage könne man schließlich auch streiten. Was Fußballdeutschland momentan ja auch ausgiebig tut, mit besonderer Berücksichtigung des Rauschmittels Kokain.

Gut, das will er auch nicht, lieber als Werbeträger vom sechsstelligen Sponsoring der FAG. Deren Sprecher Herbert Becker war gar nicht so böse: „Unser PR-Ziel ist erreicht. Die Partnerschaft hat ein gewaltiges Medienecho hervorgerufen.“ Doch als am Wochenende die Saisonpremiere angepfiffen werden sollte, war die Trikot-Konfusion endgültig perfekt. Noch vor Spielbeginn schickte die Schiedsrichterin den FSV zurück in die Kabine: Trikotwechsel bitte, aber nicht weil die dunkelblauen Trikots des FSV einen Pro-Flughafen-Aufdruck getragen hätten, sondern weil sie sich zu wenig von denen des Gegners Turbine Potsdam abhoben. Die Gäste hatten statutenwidrig zufällig keinen Zweitdress dabei. „Ich gebe zu, das war ein Fehler“, räumte Turbinen-Trainer Bernd Schröder nach dem 3:1-Erfolg seines Teams freimütig ein. Was zum nächsten Zufall führte: Die Gastgeber verfügten über einen vollständigen zweiten Trikotsatz, der sich auch hervorragend vom Blau-Weiß der Gäste abhob, nur eben den DFB-inkrimierten Slogan trug: „Ja! Zum Flughafenausbau“. Eine Zufallsepidemie, die man beim DFB gar nicht gern sah. Abteilungsleiter für Frauenfußball, Willi Hink, legt jedenfalls Wert auf die Feststellung, dass bei ihm kein Okay eingeholt worden sei. Das könnte Geldstrafen geben, orakelt er.

Am kommenden Sonntag, wenn es zum Bundesliga-Lokalderby gegen den 1. FFC Frankfurt geht, klärt man die Kleiderordnung hoffentlich vor Spielbeginn. Erst sollte der Kompromiss heißen: „Ja, zum Flughafen“, was zwar nicht so politisch ist, aber auch nur ein Bekenntnis zum sicheren Landen nach dem Fliegen als solchem. Jetzt hat der FSV kurzfristig den Slogan „Flughafen Frankfurt – Erfolg für die Region“ beim DFB genehmigt bekommen. Ob die neue Beflockung bereits Sonntag zum Einsatz kommt, wusste Willi Hink vom DFB nicht zu sagen. Es bleibt spannend im Frankfurter Frauenfußball. Mit Politik hat das alles ganz sicher nichts zu tun.

RÜDIGER PANHORST