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Hohe Einlinkquote gegen rechts

Eingreifen gegen Fremdenfeindlichkeit auch im Netz: Prominente diskutieren per email im Rahmen der „Aktion Z“. Hoffentlich bleibt’s nicht bei guten Worten, denn eine Mail allein stoppt noch keinen rechten Schläger. Jeden Donnerstag wird gechattet

von JÖRG STREICHERT

Berlin-Marzahn – eine nationalbefreite Zone? Gegenden in Deutschland, die von Ausländern nicht ungefährdet betreten werden können, waren am Donnerstagabend das Thema im Zett-Chat. „Da müsste man halt das Sichhintrauen organisieren. Die SZ-Berlinseite wird das unterstützen“, mailte Heribert Prantl, Leiter des Ressorts Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung und Promi des Tages, als das Thema auf den Tisch kommt. Und lässt hoffentlich der schönen elektronischen Post auch bald Taten folgen. „Marzahn ist doch ‚befreite Zone‘“, hatte ein Teilnehmer des Chats kurz zuvor berichtet. Im Zett-Chat versuchte man sich gemeinsam an einerLösung des Problems.

Jeden Donnerstag von 19 bis 20 Uhr kann man unter www.texxas.de im Internet mit Prominenten zum Thema Zivilcourage chatten. Die TeilnehmerInnen diskutieren über das NPD-Verbot, die Situation an den Schulen, das Versagen der Politik, kleinere Initiativen oder was ihnen sonst noch unter den Nägeln brennt.

In den letzten Wochen standen Friedrich Küppersbusch, Gregor Gysi, Barbara John und Olaf Buhl als Gesprächspartner im Netz zur Verfügung. Der Chat läuft im Rahmen der Aktion „Z“, die zu verantwortungsvollem Handeln aufrufen soll: „Z“ steht für Zivilcourage. Sie richtet sich gegen Ausländer- und Obdachlosenhetze, rechtsmotivierte Gewalt, Sexismus und Rassismus jeglicher Form. Ins Leben gerufen wurde diese Kampagne – die sich auch als Netzwerk versteht – unter anderem von der taz, Radio Eins, der Werbeagentur Scholz & Friends und der Popkomm. Couragierte Menschen, die eingreifen, anstatt wegzuschauen, sollen so unterstützt, und damit andere aufgefordert werden, bei der Aktion mitzumachen.

Und dabei half am Donnerstag eben Heribert Prantl von der SZ. Zunächst steuerte er zum in den Augen eines Chatters eher „unkonkrete Schlagwort Zivilcourage“ eine erste Handlungsanleitung bei: „Man muß zum Beispiel fragen: Wie hilft man den Opfern von Gewalt?“ Auch „kleinere mutige Initiativen, wie sie vor allem im Osten entstünden“, zum Beispiel Aktion Notausgang, SOS Rassismus, sowie Initiativen, die an die Schulen gehen und dort diskutieren, sollten unterstützt werden – konkretes Handeln statt reiner Lippenbekenntnisse.

Von ihrer Situation an Berliner Gymnasien berichteten auch zwei Abiturienten. Und beim gegenseitigen Erfahrungsaustausch erzählte einer der Schüler, dass es an seinem Gymnasium in Marzahn „nur so wimmelt von Springerstiefeln“. Die Lehrer seien da „eher machtlos“. Genau darum, antwortete Prantl ihm, sei ein Appell an die Zivilcourage des Einzelnen um so dringender. Und immerhin, merkte Prantl kritisch an, würde das Problem des Rechtsradikalismus mittlerweile auch von Politikern ernst genommen. So werden die Diskussionen im Zett-Chat insgesamt sehr engagiert und auf hohem Niveau geführt. Nach Küppersbuschs TV-Karriere wird zwar hin und wieder genauso gefragt, wie nach Gysis Ambitionen auf das Berliner Bürgermeisteramt, doch sehr schnell schwenkt der Chat wieder auf das eigentliche Thema zurück.

Auch, wenn der Kreis der aktiven Chatter noch überschaubar bleibt, waren an einem Abend bis zu 100 aktive und passive Diskutierwillige eingelinkt, Tendenz steigend. Nächsten Donnerstag steht Lea Rosh Frage und Antwort, und in den folgenden Wochen werden Heinz Eggert, der Fußballer Jimmy Hartwig, Cem Özdemir und Bascha Mika die Datenautobahn zum Thema Zivilcourage befahren. Hoffentlich mit mindestens ähnlich hohen Einlinkquoten.

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