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Anständig demonstrieren!

Düsseldorf und Kassel protestieren heute gegen rechte Gewalt. Bundesregierung begrüßt Zustimmung der Länder zum NPD-Verbotsantrag. Jugendliche greifen Gehörlosen in Brandenburg an

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung hat das Ländervotum für einen NPD-Verbotsantrag begrüßt und ihr Volk gemahnt: „Die gesamte Gesellschaft ist aufgefordert, sich zur Wehr zu setzen gegen jene, die selbstherrlich bestimmen wollen, wer in Deutschland leben darf“, sagte gestern Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye in Berlin.

In Düsseldorf und Kassel hat man das schon vorher begriffen. In Kassel findet heute Morgen eine Demonstration linker Gruppen gegen einen Neonazi-Aufmarsch statt. Die Düsseldorfer können gleich zwei Mal gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen. „Keiner soll zu Hause bleiben“, fordert der Düsseldorfer Superintendent Ernst-Jürgen Albrecht. Er ist Initiator eines Bürgerbündnisses, das zu einer Kundgebung um zwölf Uhr auf dem Marktplatz aufruft. Auf der Veranstaltung werden Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) und der Vorsitzende des Zentralrates der Juden, Paul Spiegel, sprechen. Bereits am Vormittag lädt ein linkes „Bündnis gegen Rechts“ zu einer Demo am Grabbeplatz ein.

Anlass beider Veranstaltungen ist ein geplanter Aufmarsch rechtsextremistischer Gruppen. Angemeldet von einem NPD-Funktionär, wollen die Rechten in Düsseldorf gegen „eine riesige Hetzkampagne gegen die gesamte Nationale Opposition“ protestieren.

Die Polizei hat sich für heute auf den größten Einsatz der Düsseldorfer Nachkriegsgeschichte vorbereitet und Verstärkung aus Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt angefordert. Nach Worten des Einsatzleiters Wolfgang Bülow sei die Polizei verpflichtet, alle drei Veranstaltungen zu schützen. Bülow zeigte sich aber zuversichtlich: „Wir werden kein Chaos erleben.“

In geordneten Bahnen sieht Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye auch die Vorbereitungen für einen NPD-Verbotsantrag. „Nach den Beschlüssen der Ministerpräsidenten und der Innenminister gehen wir davon aus, dass Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag gemeinsam einen Verbotsantrag stellen werden.“

In Brandenburg und Sachsen kam es am Donnerstag erneut zu rechten Gewalttaten. In Eberswalde schlug ein Dreizehnjähriger einem Gehörlosen mit der Faust ins Gesicht und auf den Rücken. Die siebzehnjährige Begleiterin des Schlägers rief dazu „Heil Hitler“, und ein weiterer Jugendlicher schaute zu. Das Opfer musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Die Täter sind wieder auf freiem Fuß. „Der Dreizehnjährige ist nicht strafmündig und wurde seinen Eltern übergeben, gegen die beiden anderen besteht kein dringender Tatverdacht“, so die Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder).

Im sächsischen Dahlen ist am Donnerstagnachmittag ein Iraner von siebzehn Jugendlichen angepöbelt und geschlagen worden. Als er in das Asylheim flüchten wollte, warfen ihm die Jugendlichen Steine nach. Die Polizei nahm am Freitag zwölf Tatverdächtige im Alter zwischen 15 und 19 Jahren vorläufig fest. Gegen sie wird wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruch ermittelt. P. BEUCKER/R. GEISSLER

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