: Kinder nicht als Geiseln nehmen
■ Bremisch-palästinensische Programme auf Eis“ / Medikamente und Nahrung erreichen die Palästinenser-Gebiete nicht
„Man darf Kinder nicht als politische Geiseln nehmen.“ VertreterInnen des Bremer Lidice-Hauses, des Kinder-Schutz-Zentrums, des Vereins Orient-Okzident, ein PDS-Beiratsmitglied und eine Ärztin des Bremer Gesundheitsamtes sind über die politisch-militärischen Entwicklungen in Israel und Palästina sehr besorgt. „Es ist unerträglich, dass Israel sogar die Einfuhr von Medikamenten und Nahrungsmitteln für Babies und Kinder in die palästinensischen Autonomie-Gebieten blockiert“, weisen sie auf die aktuelle Lage hin. In Jordanien und Ägypten stauten sich internationale Hilfslieferungen. „Und im israelischen Hafen von Haifa werden reguläre Importe seit einem Monat nicht abgefertigt“, sagt der Bremer Palästinenser Mounir El Serri. „Hier werden Menschenrechte mit Füßen getreten.“
Seit Jahren halten die BremerInnen Kontakt zu palästinensischen Gruppen, zuletzt empfingen sie im Mai eine palästinensische Fachkräfte-Delegation. Die SozialarbeiterInnen und VertreterInnen der Verwaltung in den Autonomie-Gebieten schauten sich Bremer Schulen, Kindergärten und Horte an, um die Übertragbarkeit solcher Modelle zu prüfen – immer auf der Suche nach Wegen, die autonome Infrastruktur zu entwickeln. Die Fachkräfte besuchten auch Bürgermeister Scherf und VertreterInnen der Bürgerschafts-Fraktionen – während BremerInnen vom Gegenbesuch in Palästina berichten: „Dort gibt es jetzt sogar ein Sozialamt.“ Doch kürzlich haben die BremerInnen erfahren, dass drei von den elf BesucherInnen vom Mai bei der Teilnahme an Demonstrationen durch Schüsse verwundet wurden. „Und jetzt ist auch noch der einzige Flughafen in Gaza geschlossen worden“, berichtet Mounir El Serri vom letzten Telefonat mit Verwandten. Kranke und Verwundete können nicht mehr – wie sonst üblich – zu Kliniken im jordanischen Aman ausgeflogen werden. Täglich wird die Lage schwieriger. „Und das, wo Kinder und Jugendliche sowieso an Mangelernährung und typischen Dritte-Welt-Krankheiten leiden“, wie die Bremer Ärztin Barbara Chavez bei einem Besuch feststellte.
so lange Hilfsgüter nicht in die Gebiete kommen, wollen die BremerInnen deshalb auf die humanitäre Notlage aufmerksam machen – „und ein Gegengewicht zur einseitigen Berichterstattung in der internationalen Presse setzen.“ Täglich bekommen sie Faxe und E-Mails von Bekannten aus den besetzten Gebieten. Darunter keines, dass nicht betont, wie wichtig es ist, gerade in diesen Zeiten alle Anstrengungen für Frieden und Gerechtigkeit in der Region zu unternehmen. Zugleich weisen alle auf den ungleichen Kampf hin.
„Wir stecken in einem schweren Dilemma. Immer lauter werden die Stimmen, die einen Abbruch sämtlicher Programme und Verbindungen mit allen Israelis verlangen“, schrieb jetzt Suyama Farhat-Naser nach Bremen, das sie im Mai besucht hatte. Dass das zaghaft begonnene Austauschprogramm (siehe Kasten) mit israelischen und deutschen Frauen aber weiter stattfinden kann, sieht sie nicht. „Wir müssen unsere Programme auf Eis legen.“ Die Lage sei explosiv. ede
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