: „Ich habe die alle lieb, ey“
Ein Gespräch mit der Fernseh- und Filmkomikerin Anke Engelke über Detlev Buck, Fernsehhumor, Gefühlsduselei, die Wochenshow-Weihnachtssendung, das Anke-Sein an sich und warum es ihr suspekt ist, ein Teil der Kinowelt zu sein
Anke Engelke: Ich gebe übrigens gerne Interviews, weil man da gezwungen wird, sich mit sich selber auseinander zu setzen und mit der Wahrnehmung anderer. Ich finde das geil. Die halten mich deshalb auch schon für bescheuert.
taz: Wie war es für Sie, sich in Detlev Bucks „Liebesluder“ plötzlich auf der Leinwand zu sehen?
Ich war komplett verstört, weil das doch sehr überwältigend ist. (...) Na ja, mein Gesicht so groß zu sehen und auch nicht immer vorteilhaft, das war schon was Neues. (...) Dabei gehe ich so gerne ins Kino: Das Licht geht aus, es knattert so schön. Die Anmoderation lautet, lasst euch jetzt mal auf neunzig Minuten komplett andere Welt ein. Dass ich jetzt ein Teil davon bin, ist mir schon suspekt.
Warum suspekt?
Ich war mir während der Arbeit gar nicht so genau bewusst, das man mich hinterher auch sehen wird. (...) Wenn ich jetzt wieder was fürs Kino machen würde, würe ich ganz anders damit umgehen. So ähnlich geht es doch auch den Leuten bei der neuen Staffel von Big Brother. Die sind nicht mehr naiv, unbedarft und komplett natürlich, die haben ein ganz anderes Bewusstsein davon, das sie beobachtet werden.
Für die Wochenshow lieferten Sie Einminüter, jetzt mussten Sie über 90 Minuten eine ganze Biografie entwickeln ...
Mann, Wochenshow, das sind fünfundzwanzig Sekunden! Ich habe da bei einer Umfrage manchmal nur 10 Sekunden Zeit, um eine Figur darzustellen und eine Biografie zu transportieren, zack. Hilfestellung geben natürlich Maske, Kostüm, Perücken, Brillen etc. Und Dialekte, die Sprache spielte da ja auch eine große Rolle. Und zack! Das war die Holzhammermethode, das soll jetzt gar nicht negativ klingen, aber ich finde keine andere Formulierung. Das musss knallen. Jetzt bei so einem Film, das sind geschaute neunzig Minuten, gedachte sieben Wochen und gelebte dreißig oder vierunddreißig Jahre meiner Filmfigur.
Auch der Humor von Detlef Buck ist ein ganz anderer als in der Wochenshow, er baut sich viel langsamer auf ...
Ich mag das, das Gehenlassen. Ich komme ja aus einer viel hektischeren Umgebung. Im Fernsehen können Leute nicht einfach so im Bild rumstehen. Da muss immer was passieren, ein Sketch den nächsten jagen. In Bucks Film „Wir können auch anders“, kann Joachim Król einfach nur sein. Und das erzählt schon alles. Genauso in „Liebesluder“. Da sitzen die vier Männer einfach nur in der Sofaecke, die Frauen auf der Terrasse. Alles ist so wie immer, nur dass die Typen noch einen Tick verlogener sind als sonst. In diesen Einstellungen ohne Worte ist einfach alles drin.
Bei Buck spielen Sie ja so etwas wie den Prototyp der unbedarften Hausfrau. Wie in der Wochenshow hat man aber auch hier das Gefühl, dass sie nie jemanden vorführen wollen. Sie machen die kleinen Leute, die Sie da spielen, nie fertig, sondern man hat fast das Gefühl einer Zärtlichkeit ...
Ehrlich? Ich bin echt so, ich werde jetzt auch ganz sentimental und pathetisch, ganz fett gefühlsduselig, aber ich bin echt so. Ich habe die alle lieb, ey, die ich da in der Wochenshow gespielt habe, und die ich jetzt demnächst in der Weihnachtssendung spielen werde. In dieser Weihnachtssendung wird es auch viele Parodien und Musiknummern geben, da muss ich mir Nana Mouskuri und Tina Turner draufschaffen. Die kann ich alle so Scheiße finden wie nur sonst was, aber das ist ein Privatding, und die Meinung von Anke Engelke interessiert sowie so erst mal keinen. Aber ich nehme diese Figuren an, ich setze mich mit ihnen auseinander. Sich zum Beispiel über eine Sparkassenangestellte zu stellen wäre völlig deplatziert. Ich muss die auch mögen, um sie überhaupt spielen zu können.
Ich werde dieses Interview jetzt nicht mit DEM Spruch beenden.
Übrigens, haben Sie mitbekommen, dass ich mich öffentlich bei allen Ankes für „Danke Anke“ entschuldigt habe?
Da kann ich Sie beruhigen, ich bin schon damit groß geworden: Anke, ranke schlanke, die mit der Schranke. Mein erster Freund hieß auch noch Jens Manke.
Oh Scheiße.
INTERVIEW: ANKE LEWEKE
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