EIN UNO-EINSATZ KÖNNTE DIE GEWALTSPIRALE IN PALÄSTINA STOPPEN: Bedauerliche Sturheit
„UM (hebr. UNO) – Schmumm“, pflegte der israelische Staatsgründer David Ben-Gurion zu sagen und ließ damit kaum Zweifel an seinem tiefen Misstrauen gegenüber dem Völkerbund. Dabei hatte die UNO einst die Gründung Israels überhaupt erst möglich gemacht – doch führte dies nicht zu einer einseitigen Parteinahme zugunsten des Judenstaates. Immer wieder verurteilten die Vereinten Nationen politische oder militärische Maßnahmen Israels. So geschehen zum letzten Mal, als die UNO-Menschenrechtskommission Ende Oktober die „weit verbreiteten, systematischen und groben Menschenrechtsverletzungen“ in den Palästinensergebieten anklagte. Die Regierung in Jerusalem glaubt nicht an eine Überparteilichkeit der Blauhelme.
Das strikte „Nein“ Israels zum Einsatz bewaffneter UNO-Truppen im Gaza-Streifen und im Westjordanland gründet sich zudem auf die Erfahrung aus der Besatzungszeit im Südlibanon, wo die schiitischen Guerillas der Hisbullah nicht selten die Stützpunkte der Blauhelme als Unterschlupf nutzten. Doch ist die Situtation, die einst in der so genannten südlibanesischen Sicherheitszone herrschte, nicht vergleichbar mit den Ereignissen, die sich in diesen Tagen in den Palästinensergebieten abspielen. Im Südlibanon kämpften bewaffnete Guerillas mit Gewehren, Sprengstoff und Raketen auf einem unüberschaubaren Gebiet, während die Demonstrationen der Palästinenser täglich fast zur gleichen Zeit an den immer gleichen Punkten stattfinden.
Der vorübergehende Einsatz von einigen hundert Blauhelmen verspricht deshalb eine ungleich größere Effektivität. Ein UNO-Engagement würde zudem eine internationale Anerkennung der palästinensischen Not signalisieren – ein erklärtes Ziel des aufständischen Volkes.
Die Ablehnung eines Blauhelm-Einsatzes wird Israel weitere Sympathien in der Weltöffentlichkeit kosten: Denn das kategorische Nein provoziert sofort die Frage, ob die Militärs nicht doch etwas zu verbergen haben. Nur ein Bruchteil der rund 200 Todesopfer sind israelische Soldaten. Allein diese Bilanz nimmt den zunächst Unparteiischen automatisch für die palästinensische Seite ein. Sowohl die Israelis als auch die Palästinenser haben immer wieder erklärt, nur zu „reagieren“, sprich: sich nach Angriffen zu verteidigen. Allein die Anwesenheit neutraler Truppen würde die Lage vermutlich schon beruhigen, ohne dass die Blauhelme überhaupt aktiv eingreifen müssten. Kein Versuch darf unterlassen werden, der Gewalt Einhalt zu gebieten. Selbst wenn die Aussichten auf einen Erfolg von den Israelis gering geschätzt werden.
SUSANNE KNAUL
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