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Am Hundestrand

Mike und Benny müssen draußen bleiben: „Dogland“, der Fotoband von Susanne Uhlenbrock, zelebriert die etwas andere Hundefotografie

von ANDREAS HERGETH

Wer auf den Hund gekommen ist, hat es schwer. Halb Deutschland meckert über stinkende Hinterlassenschaften und Kampfhunde. Ein schlichtes Hundehalter-Gemüt findet allerdings noch Trost in bunten Blättern. Das deutsche Hunde-Magazin etwa macht mit „Aktuellem zur Hunderassendiskriminierung in Deutschland“ auf. Ähnliches von Hundezeit bis Hunde-Revue, garniert mit Gesundheits- und Pflegetipps, Bildern und Postern zum Herausnehmen. Niedliche Welpen sind ein beliebtes Motiv.

Den Titel des Oktoberheftes von Wuff aus Österreich ziert Dolly Buster. Denn die ist Hundefan, ihre Boxerrüden hören auf die Namen Mike und Benny. Der Pornostar will und kann sich ein Leben ohne Hunde gar nicht mehr vorstellen und beklagt, dass in TV-Berichten die Szenen mit den lieben Kampfhunden immer herausgeschnitten werden und nur die bösen Kläffer zu sehen sind.

Nicht nur, weil offiziell rund fünf Millionen Hunde in deutschen Haushalten leben, ist der „beste Freund des Menschen“ als Sujet in der Fotografie äußerst beliebt, wenngleich in den allermeisten in konventioneller Manier. Doch in dem Bildband „Dogland“, einer Serie über streunende Hunde an einem Strand, bricht die Fotografin Suse Uhlenbrock mit jeglicher Erwartung, die sich mit dem Thema verbindet. Schon beim Fotografieren unterläuft sie alle Gestaltungsregeln, um mit den fertigen Bildern noch einen Schritt weiter zu gehen. Mal zerschneidet die 39-Jährige ihre Fotografien, collagiert diese, fügt kleine Notizen oder Zeichnungen hinzu und klebt die fertigen Arrangements schließlich in ein einfaches Schreibheft ein.

Damit hat „Dogland“ so gar nichts von gewohnten Hundefotos. Sie sind mal über- oder unterbelichtet, mal unscharf und grobkörnig, tragen manchmal Kratzer, füllen ganze Seiten oder sind zu kleinen Bildergeschichten zusammengeklebt. So gibt es eine Rangelei zwischen einem Dalmatiner mit Halsband (wohl kein Streuner) und einer Promenadenmischung zu sehen. Beide tollen umher und schnappen nacheinander, bis der Rassehund stolz dasteht, der andere demütig unter dessen Bauch kauert.

Die anderen Vierbeiner schlafen viel, balgen sich, buddeln Löcher, spielen mit Krabben oder betteln die Fotografin um ein „tuna sandwhich“ an. Aus dem rohen, zuweilen beiläufigen Gebrauch des Materials und den mitunter rätselhaften, poetischen Randnotizen der Fotografin ergibt sich ein faszinierendes Zusammenspiel.

Weil die streunenden Hunde scheinbar keine Namen tragen, spielt der Ort der Aufnahmen eigentlich keine Rolle. Nur am Rande wird klar, dass „Dogland“ irgendwo in Thailand zu finden ist, ein Hund, ein Flieger und die Bleistiftnotiz „Bangkog Air“ legen dies nahe. Die Serie entstand, so kann man annehmen, während einer Urlaubsreise der Fotografin, die seit 1996 in London lebt, zuvor als Art Directorin in Hamburg arbeitete. Der Strand, so schreibt Suse Uhlenbrock, war ihr Territorium. Manchmal folgte mir ein ganzes Rudel. Aber meistens blieben sie auf Distanz.

Suse Uhlenbrock: „Dogland“. Kruse Verlag, Hamburg 2000, 124 Seiten, 68 DM

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