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„Dienstleistung ist wichtig“

Der Politologe Frank Bsirske ist der erste Grüne, der den Vorsitz der ÖTV übernommen hat. Zuvor managte er die städtische Personalverwaltung in Hannover. „Im öffentlichen Dienst muss ein Kulturwandel stattfinden“, meint Bsirske

Interview BARBARA DRIBBUSCH

taz: Vor einigen Tagen waren Sie noch Personalchef in Hannover, jetzt sind Sie ÖTV-Vorsitzender. Wie ist man an Sie herangetreten?

Frank Bsirske: Der Bezirksvorsitzende des ÖTV-Bezirks Niedersachsen hat mich angerufen und gefragt, was ich denn davon halten würde, wenn mehrere Bezirke mich als Kandidaten vorschlügen. Ich habe zurückgefragt, ob es dafür eine breite Zustimmung gibt. Das war die Voraussetzung für die weiteren Überlegungen.

Wann haben Sie Ihre Antrittsrede zusammengebastelt?

Das habe ich am Morgen zwischen sechs und viertel nach sieben gemacht.

Ihnen wird nachgesagt, Sie könnten Ihre Mitarbeiter motivieren, zu arbeiten bis zum Umfallen. Ist das eine erfreuliche Botschaft für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst?

Niemand soll umfallen. Wir brauchen eine Perspektive für den öffentlichen Dienst, bei der die Dienstleistung im Mittelpunkt steht. Es geht darum, auf die Bedürfnisse der Bürger stärker einzugehen, etwa bei den Öffnungszeiten der Behörden, der Kindertagesstätten. Das müssen wir dann bei den Arbeitszeiten berücksichtigen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich die Beschäftigten für diese Ziele engagiert einsetzen, wenn sie beteiligt werden.

In Hannover haben Sie als Personalchef den Bürgerservice verbessert und die Verträge für Amtsleiter befristet. Was sind jetzt als ÖTV-Chef Ihre Ziele?

Wir brauchen einen Kulturwandel im öffentlichen Dienst. Es geht z. B. nicht, dass die Arbeit, je weiter sie vom Bürger weg ist, desto höher bewertet wird. Der direkter Service für die Bürger muss aufgewertet werden.

Jetzt reden Sie ein bisschen wie ein Arbeitgeber. Wie ist das, nach drei Jahren als Personaldezernent von der Arbeitgeberseite wieder auf die Gewerkschaftsseite zu wechseln?

Verantwortung zu übernehmen ist gewerkschaftliches Tagesgeschäft. Für mich handelt es sich nicht um einen Seitenwechseln, sondern um einen Rollenwechsel. Ich stehe für meine Positionen in der Gewerkschaft wie auch in der Verwaltung.

Macht es für die ÖTV einen Unterschied, dass mit Ihnen erstmals ein Grüner an der Spitze steht?

In der ÖTV zählen Inhalte und Positionen von Kandidaten, nicht Parteischubladen. Das ist das Prinzip der Einheitsgewerkschaft. Mit meiner Wahl hat die ÖTV dieses Prinzip nachdrücklich unterstrichen.

Sie haben in einem Interview als frisch gebackener ÖTV-Chef erklärt, eine Senkung des Rentenniveaus sei „mit uns nicht zu machen“. Ist das nicht leichtfertige Gewerkschaftsrhetorik? Die Rentenreform kommt doch bestimmt.

Die Gewerkschaften müssen deutlich machen, wofür sie stehen. Ihre Positionen müssen für die Gesellschaft erkennbar und identifizierbar sein. Die ÖTV streitet für Sicherung im Alter. Neue Altersarmut darf nicht die Zukunft sein. Ich wende mich entschieden dagegen, durch private Altersvorsorge große Teile der gesetzlichen Rentenversicherung zu ersetzen.

Sie kämpfen auch für die Verschmelzung der ÖTV mit vier anderen Gewerkschaften zur neuen Dienstleistungsgesellschaft Ver.di. Glauben Sie, dass es jetzt leichter geworden ist, im März eine Mehrheit für den Fusionsprozess zu erreichen?

In der ÖTV war eine Blockadesituation eingetreten. Die haben wir auflösen können. Die Bildung von ver.di können wir nun mit Selbstvertrauen angehen.

Wollen Sie Ver.di-Vorsitzender werden?

Ich werde für den Vorsitz von Ver.di zur Verfügung stehen.

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