: Genossen lieben sich wieder
■ SPD-Sonderparteitag im Norden nach Krisengipfel abgewendet
Im innerparteilichen Streit um finanzielle Kürzungen für die Kommunen hat Schleswig-Holsteins SPD einen Kompromiss gefunden und einen drohenden Sonderparteitag abgewendet. Dafür muss Ministerpräsidentin und „Zoff-Liebhaberin“ Heide Simonis einen harten Strauß mit den Grünen ausfechten: Sie wehren sich gegen eine Freigabe der Kindergartenstandards, mit der die SPD die Kommunen entlasten will. Die Kommunen sollen nun mit 60 Millionen Mark im Jahr zur Sanierung des Landesetats beitragen, nachdem die Regierung den kommunalen Finanzausgleich zunächst um je 100 Millionen Mark kürzen wollte. Darauf einigte sich die SPD-Spitze am Sonnabend in Neumünster auf einer Sonderkonferenz mit den sozialdemokra-tischen Kommunalpolitikern.
Im Konflikt um die Kindergärten ist der grüne Koalitionspartner damit in die Defensive gedrängt. Simonis will darüber notfalls am Dienstag im Kabinett abstimmen lassen, was sie nach eigenen Worten bei einem Dissens noch nie gemacht hat. Der grüne Fraktionschef Karl-Martin Hentschel reagierte überrascht und beharrte: „Wir sind zu Verhandlungen über die Standardsenkung bereit, aber nicht in der Kindergartenfrage.“
In Neumünster verständigte sich die SPD-Spitze um Simonis, Fraktionschef Lothar Hay und Parteichef Franz Thönnes mit den Kommunalpolitikern nach langer und ernster Diskussion hinter verschlossenen Türen auf ein Gesamtpaket. Danach müssen die Kommunen nicht nur beim kommunalen Finanzausgleich weniger „bluten“ als befürchtet; sie können auch durch die vorgesehene Freigabe von bisher in mehr als 1000 Verordnungen festgeschriebenen Standards viel Geld sparen.
Auf die ursprüngliche 100-Millionen-Forderung hatten sieben SPD-Kreisverbände mit dem Verlangen nach einem Sonderparteitag reagiert, den die Parteispitze unbedingt verhindern wollte. Inzwischen kündigten die Vorsitzenden von sechs Kreisverbänden an, ihren Antrag zurückziehen zu wollen.
Als „einen faulen Kompromiss zur Gesichtswahrung der angeschlagenen Ministerpräsidentin“ wertete der CDU-Fraktionsvorsitzende Martin Kayenburg das Ergebnis der Konferenz. Die SPD-Kommunalpolitiker seien offensichtlich eingeknickt.
Wolfgang Schmidt
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