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Irres Rind streckt Kalbsleberwurst

BSE-Schnelltests: Auch Hamburg und Schleswig-Holstein testen Kühe  ■ Von Sandra Wilsdorf

Ob eine Kuh an Rinderwahnsinn gelitten hat, bevor sie zu Fleisch wurde, soll künftig ein Schnelltest nachweisen. Ab dem 1. 1. 2001 fordert eine EU-Verordnung von jedem Mitgliedsland eine bestimmte Anzahl von Tieren mit diesem Verfahren zu testen. Wie viele, richtet sich nach dem jeweiligen Risiko.

Hamburg und Schleswig-Holstein haben nun entschieden, die Tests schon in diesem Jahr einzuführen und die vorgeschriebenen Mindestzahlen zu überschreiten. Um wieviel und wann wird derzeit geklärt. „Da laufen Gespräche“, sagt Dr. Wolfgang Simmank, bei der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) für Fleischhygiene zuständig.

Er betont, dass das Verfahren in erster Linie eine Frage der Tiergesundheit sei. „Es geht um Tierseuchenbekämpfung.“ Und natürlich um vorbeugenden Verbraucherschutz. Deshalb sollen die Tiere auch früher und zahlreicher getes-tet werden.

Auf keinen Fall werden es allerdings so viele, wie es sich die Verbraucherzentrale wünscht. „Wir fordern flächendeckende Tests“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Denn der Antikörpertest zeigt die Krankheit auch bei Rindern, die noch keine Symptome entwickelt hätten. Genau diese Tiere findet man nämlich nicht, wenn man nur stichprobenartig Rinder untersucht, die vor ihrem Tod besonders nervös oder anderweitig auffällig waren. Deutschland gilt zwar als BSE-frei, aber „hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht“. Kaum jemand erfährt, wenn das Fleisch von England aus einen Umweg nach Deutschland genommen hat. Valet empfiehlt KonsumentInnen, nur Fleisch zu kaufen, bei dem die Herkunft gesichert ist, „bei Markenfleischprogrammen vom Schlachter, beispielsweise von Neuland oder Edeka und bei Fleisch aus biologischem Landbau ist die Sicherheit am höchsten“. Bei der Verbraucherzentrale Hamburg könne eine entsprechende Adressenliste angefordert werden.

Bei Wurst ist die Sache noch schwieriger: Weil für verarbeitete Produkte keine Etikettierungspflicht besteht, wird man kaum erfahren, wenn in einer Mettwurst englisches Rind steckt. Überhaupt ist die Wurst nicht immer aus dem Tier, nach dem sie heißt. „Kalbsleberwurst besteht aus Kalbfleisch und Schweineleber“, sagt Valet. Das sei völlig legal. Auch bei Geflügelwurst solle sich der Verbraucher nicht einbilden, nur Geflügel zu essen: „Die besteht überwiegend aus Geflügel, das ist aber gestreckt mit Rind oder Schwein.“ Auch hier hilft der Schlachter des persönlichen Vertrauens.

Keine Sorge brauchen sich hingegen Joghurt- und Götterspeisen-esser zu machen. „Das Übertragungsrisiko durch Gelatine ist sehr gering, und außerdem wird Gelatine zu 90 Prozent aus Schweineschwarte gewonnen“, sagt Valet. Außerdem hätten alle bundesdeutschen Hersteller versichert, kein britisches Rindfleisch zu verarbeiten.

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