: Abschiebeknast vor Schließung
Gefängnis in Köpenick soll Inhaftierte aus der Moabiter Kruppstraße aufnehmen
Das Abschiebegefängnis in der Kruppstraße in Moabit soll Anfang des Jahres geschlossen werden. Dies kündigte Innensenator Eckart Werthebach (CDU) gestern im Parlament bei einer von der PDS beantragten Anhörung zur Situation in der Abschiebehaft an. Nach Informationen der Innenverwaltung wird der Abschiebeknast vor allem deshalb geschlossen, um Geld zu sparen. Das andere Berliner Abschiebegefängnis in Köpenick soll die noch in der Kruppstraße verbliebenen Häftlinge aufnehmen.
Wie die Sprecherin des Innensenators, Isabelle Kalbitzer, mitteilte, geht die Zahl der in Berlin in die Abschiebehaft eingelieferten Ausländer seit Jahren zurück. Waren es etwa 1997 noch 10.690, sank deren Zahl im vergangenen Jahr auf 6.579. Während die Kruppstraße älter und mit etwa 150 Plätzen kleiner ist, ist der Knast in Köpenick moderner und größer – er kann 371 Menschen aufnehmen.
Der migrationspolitische Sprecher der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus, Hartwig Berger, kritisierte, dass es in beiden Institutionen „entwürdigende und erniedrigende Bedingungen“ für die Insassen gebe. In Köpenick seien die Inhaftierten lediglich für den Staat billiger untergebracht. Die Köpenicker Anstalt „atmet den abstoßenden Charme von DDR-Gefängnissen“ und stelle „die Perfektion des deutschen Überwachungsstaates“ dar. Die Auflösung der Einrichtung in der Kruppstraße habe ihren Grund nicht in humanitären Erwägungen, sondern bloß darin, dass der Senat hoffe, so Geld sparen zu können. Berger verwies darauf, dass das Land im vergangenen Jahr knapp 40 Millionen Mark für die Abschiebehaft ausgegeben hat.
Bei der Anhörung kritisierte die katholische Nonne Lucia Witte, die sich um die inhaftierten Frauen in der Kruppstraße kümmert, die dortigen Umstände scharf. Die hygienischen Bedingungen seien wie in „einem Saustall“. Die derzeit acht dort einsitzenden Frauen müssten mit einem permanent feuchten Gemeinschaftsraum auskommen, in dem es weder Kühlschränke noch Putzmittel gebe, um selbst dort zu putzen. Eine Inhaftierte, die abgeschoben werden solle, leide unter offener Tuberkulose, hieß es bei der Anhörung.
Werthebach betonte, niemand sei in Abschiebehaft, nur weil der Innensenator oder der Polizeipräsident dies wolle. Wer ohne Pass in die Bundesrepublik einreise, begehe damit schon die erste Straftat. Er bat Kritiker der Abschiebehaft, ihre Vorwürfe zu präzisieren. Ohne diese Präzisierung sei die Kritik für ihn nicht nachvollziehbar. PHILIPP GESSLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen