: namenspatron
Aziz Nesin
Der 1995 verstorbene Schriftsteller Aziz Nesin gilt in Deutschland als „Heinrich Böll der Türkei“, als mutiger Streiter und Kritiker des politischen Systems. Zu seinen bedeutendsten Werken zählt der satirischen Briefroman „Die heutigen Kinder sind wunderbar“, der ihn auch in Deutschland bekannt machte. Nesin übersetzte die „Satanischen Verse“ von Salman Rushdie ins Türkische. Er saß im Gefängnis, stand unter Hausarrest. Seine Werke waren nie verboten, aber immer hochgradig umstritten. Nesin hat sich zeitlebens für das Wohl von Kindern eingesetzt, viel für Kinder geschrieben. Er richtete in einem Vorort von Istanbul die Nesin-Stiftung ein, die sich sozial schwachen Kindern widmet und für ihre Unterkunft, Ernährung und Erziehung sorgt. Nesin wargenauso Alevit. Als Mitglied dieser muslimischen Minderheit, die Religion als Privatangelegenheit sieht und als aufgeklärt und liberal gilt, hatte er viele Feinde: 1993 fand in der anatolischen Stadt Sivas ein alevitisches Kulturfestival statt, zu der auch Nesin geladen war. Islamisten zündeten das Hotel an, in dem viele Festivalteilnehmer wohnten. 37 Menschen starben, Nesin überlebte.
Liberale Eltern aus der Mittelschicht, viele von ihnen Akademiker, manche aus binationalen Ehen, initiierten vor 5 Jahren die erste deutsch-türkische Europaschule in Berlin. Hier sollte Toleranz gelernt und gelebt werden. Seit 1996 ist die Schule eine kleine interkulturelle Oase mitten im Bezirk Kreuzberg, an dessen Schulen manchmal bis zu 70 Prozent der Kinder nichtdeutscher Herkunft sind.
An der bisher namenlosen Schule wird konsequent von der Vorschule an bis zur Nachmittagsbetreuung in Deutsch und Türkisch alphabetisiert. Nach zweijährigem Streit ist sie nun nach dem Schriftsteller Aziz Nesin benannt.
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