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Ein Jubiläum mit wenig Heiterkeit

■ Der Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen wird 20 / Fachtagung zum Geburtstag / Massive Kürzungen stehen an

Scham und Schuld. Die Klassiker nach der Gewalt. Gefühle, die viele Frauen haben, nachdem ihnen sexuelle Gewalt angetan wurde. Obwohl sie die Letzten wären, die sich zu schämen brauchten.

„Trauma und Destruktivität“ heißt die Fachtagung, die gestern begann und heute weitergeht, die der Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens veranstaltet.

„Opfer sind unangenehm“, befand die Vereinsvorsitzende Ellen Best zu Beginn der Tagung. Denn: „Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Dann fangen Opfer an zu nerven.“ Durch sonderbare Verhaltensweisen, durch Rückzug. Solche Frauen funktionieren nicht mehr. Nicht als Mitarbeiterin, nicht als Ehefrau, nicht als Mutter.

20 Jahre ist es her, dass die Polizei Frauen empfahl, sich nicht zu wehren, wenn sie ein Vergewaltiger bedrohe. Das war Anlass für 20 Frauen aus der autonomen Frauenbewegung sich zusammenzutun. Vergewaltigung als Ausdruck patriarchaler Gewalt, jeder Mann ein potenzieller Vergewaltiger – Themen von damals. Ein Telefon für Betroffene gab's auch, aber das wurde wenig frequentiert. Erst nach und nach, schilderte Ulrike Sander von der Beratungsstelle, wurde das psychoanalytische Verständnis von Traumatisierung zum Schwerpunkt der Arbeit.

Rund 130 Frauen und Mädchen suchen alljährlich Hilfe beim Notruf, die meisten zwischen 20 und 40 Jahren alt, aber auch viel jünger oder viel älter. Nur etwa ein Viertel der Täter sind so genannte „Fremdtäter“, die meisten also kennen ihr Opfer gut oder gar sehr gut. Zwar beraten die Notruf-Frauen Betroffene aus allen sozialen Schichten, die meisten aber kommen „aus unteren Schichten“, so Ulrike Sander. Sind Frauen, die heute zum Notruf kommen, in irgendeiner Weise anders als die vor 20 Jahren? Ulrike Sander zögert. „Viele junge Frauen machen ja einen sehr selbstbewuss-ten Eindruck. Man könnte denken, das könnte Missbrauch verhindern. Aber auch sie werden Opfer.“ Und: „Die inneren Gefühle sind immer dieselben: Scham und Schuld.“

Der Notruf ist inzwischen fest etabliert, Kliniken, die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft arbeiten mit ihm zusammen.

Im Lauf der Jahre und der Kürzungen sind aus einst vier Stellen zweieinhalb geworden, die sich drei Psychologinnen und eine Pädagogin teilen. Zu 80 Prozent finanziert sich die Beratungsstelle aus öffentlichen, der Rest sind selbst beschaffte Mittel. Die öffentliche Förderung stagniert, fürs nächste Jahr stehen gar Kürzungen von 15 Prozent an. Es sei ihr sehr bewusst, so Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD) gestern, „wie wichtig es ist, diese Arbeit weiter zu fördern.“ Trotzdem konnte sie nicht mehr versprechen, als dass „wir fürs nächste Jahr gemeinsam einen Weg suchen, Drittmittel einzuwerben.“ sgi

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