: Armut kein Zufall
Auf der „2. Armutskonferenz von unten“ diskutieren Betroffene Perspektiven für „organisiertes Handeln“
„Die Hängematten“ sind eine selbst organisierte Friedrichshainer Initiative. Seit Jahren beschreiben sich ihre Mitglieder gerne humorig als „Arbeitslose, die nicht auf Bali sind“. Und noch immer wird auf Urlaub im Süden verzichtet. Stattdessen richten die „Hängematten“ jetzt schon zum zweiten Mal eine „Armutskonferenz von unten“ aus. Dabei gilt der anständige Graswurzel-Grundsatz „Von Betroffenen, mit Betroffenen, für Betroffene“. Denn bei den „Hängematten“ herrscht viel Verdruss über Fachleute, die über Armut reden, ohne selbst arm zu sein. Sie wollen mit ihrer Konferenz zwei Tage lang in Arbeitsgruppen selbst „Bestandsaufnahme“ betreiben. Obendrein sollen „Perspektiven für organisiertes Handeln von Armen“ entwickelt werden, wie es kämpferisch im Programm heißt. Musste letztes Jahr die mit rund 200 Teilnehmern gut besuchte Konferenz noch in einer zugigen Halle eines ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks stattfinden, haben sich die „Hängematten“ dieses Jahr in einen Salon des ehemaligen Gebäudes des Neuen Deutschlands hocharbeiten können.
Dort geht es heute ab 10 Uhr in sieben Arbeitskreisen los. Manche Kleingruppen tragen schöne Titel wie „AG Selbstorganisiertes Überleben“ oder „AG Sozialer Widerstand“. Andere beschäftigen sich jeweils mit der speziellen Situation armer Familien, Jugendlicher, Senioren oder Migranten. Eine Gruppe kümmert sich überdies um den mit der Bezirksfusion entstehenden Armutsgroßbezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Für den Sonntag sind Referate zu Themen wie „Armut und Psychiatrisierung“ sowie „Existenzgeld“ angekündigt. Und zum Lostreten einer soliden sozialen Bewegung darf freilich auch der Vortrag über „Reichtum“ nicht fehlen. Die „Volxküche“ des Stadtteilladens „Zielona Góra“ kocht an beiden Tagen Mittagessen, heute Abend ist Party. Auf den gelben Plakaten, die die Konferenz ankündigen, steht: „Armut ist kein Zufall – Widerstand auch nicht!“ Interessierte und Revolutionäre sind herzlich eingeladen.
KIRSTEN KÜPPERS
„2. Armutskonferenz von unten“,Blauer Salon im alten ND-Gebäude, Franz-Mehring-Platz 1, Friedrichshain.Party heute, 21 Uhr, im „Zielona Góra“,Grünberger Straße 73, Friedrichshain
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