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Schwarzes Blut und schwarzes Gold

Heute reist Außenminister Fischer nach Angola – zusammen mit einer großen Wirtschaftsdelegation. Der Bürgerkrieg interessiert niemanden, der Ölboom interessiert alle. Angolas Regierung wird vom Westen unkritisch unterstützt

aus JohannesburgKORDULA DOERFLER

Wenn Außenminister Joschka Fischer heute Abend zu seiner zweiten Afrikareise in diesem Jahr aufbricht, soll es, so heißt es im Auswärtigen Amt, diesmal um „problematische“ Länder gehen. Geradezu idealtypisch erfüllt das die erste Station Angola. Der Andrang von Mitreisenden aus der deutschen Wirtschaft ist groß. Die können wir gar nicht alle mitnehmen, seufzt man im Ministerium. Die Deutschen lockt offenbar eine Kriegswirtschaft, an der sich viel Geld verdienen lässt.

Angolas Bürgerkrieg, der längste Konflikt Afrikas und einer der blutigsten, hat mehr als eine halbe Million Menschenleben gekostet und über drei Millionen zu Flüchtlingen gemacht. Die offizielle Sprachregelung aber lautet, Angola sei auf dem Weg der Normalisierung. In der Hauptstadt Luanda allerdings, die Fischer als einzigen Ort besuchen wird, ist der Krieg unsichtbar. Vollkommen abgeschnitten vom Rest des Landes, tanzt dort die reiche Oberschicht auf dem Vulkan. Derweil ist der Rest des Landes nur noch auf dem Luftweg erreichbar, und die Gebiete, über die die Rebellenbewegung Unita die Kontrolle hat, sind von der mentalen Landkarte praktisch verschwunden.

Nur die Mitarbeiter der Hilfswerke wissen einigermaßen Bescheid, wo die Front in einem Buschkrieg verläuft, den nach Einschätzung von Experten keine Seite gewinnen kann. Zwar gelang es den Regierungstruppen letztes Jahr, die Unita-Hauptquartiere Bailundo und Andulo im zentralen Hochland einzunehmen; Rebellenchef Jonas Savimbi jedoch zog sich nach Osten zurück und kämpft seither einen reinen Guerillakrieg.

Bis heute ist jede Befriedung gescheitert, denn beide Seiten wollen den Krieg. Sie kämpfen dabei nicht mehr um Ideologien und um politische Hegemonie, sondern ausschließlich um die enormen Bodenschätze. Während Unita jahrzehntelang den Krieg mit der Ausbeutung der Diamantenfelder finanzierte, kann die Regierung auf die immensen Ölreserven vor der angolanischen Küste bauen.

Auf Druck der UNO und einiger NGOs ist in jüngster Zeit der Handel mit so genannten Blutdiamanten aus Bürgerkriegsgebieten zwar in Verruf geraten – der Handel mit Öl gilt aber bislang nicht als anstößig. Aus dem Ölexport hat Angolas Regierung 1998 geschätzte 3,3 Milliarden Dollar verdient – die Unita nahm aus dem Diamantenverkauf nach UN-Schätzungen von 1992 bis 1998 insgesamt knapp vier Milliarden Dollar ein. Öl macht 90 Prozent der angolanischen Regierungsexporte aus und wird nach Einschätzung von Ökonomen in den nächsten vier Jahren ausländische Direktinvestitionen von mehr als 18 Milliarden US-Dollar ins Land bringen.

Vorbehaltlos unterstützen ausgerechnet die USA, gefolgt von allen anderen westlichen Ländern, die Regierung von Dos Santos, um von arabischen Ölimporten unabhängiger zu werden. Dass die USA früher die einst marxistische Regierungspartei MPLA als Todfeind ansah und lange die Unita unterstützte, ist vergessen. Dass auch Regierung und Parlament längst nicht mehr demokratisch legitimiert sind und dass sich die Elite in Luanda sich um das Elend der bettelarmen und im Krieg wie Vieh hin- und hergejagten Bevölkerung ebensowenig schert wie die Unita, wird billigend in Kauf genommen. Die letzten Wahlen in Angola fanden 1992 statt, das Parlament hat unlängst zum dritten Mal seine Legislaturperiode per Dekret verlängert.

Offiziell wird die Schuld an diesen Zuständen auf den Kriegsverbrecher Savimbi geschoben. Doch in Wahrheit haben weder MPLA noch Angolas Militärs Interesse an einer Demokratisierung. Der Krieg in Angola und die dadurch verursachte Anarchie dient auch den Regierenden, sagt Jakkie Cilliers vom südafrikanischen Institute for Security Studies.

Präsident Eduardo dos Santos hat die Ölreserven auf Jahre hinaus verpfändet. Vor Angolas Küste werden große unterseeische Ölfelder vermutet. Um dieses „schwarze Gold“, das unbeeinträchtigt vom Krieg gefördert werden kann, hat ein beispielloser Wettlauf begonnen. Weil die Multis Elf Aquitaine, Exxon und Chevron in den vergangenen Jahren offshore enorme Ölfelder gefunden haben, versteigert die angolanische Regierung ihre Küstengewässer an die Meistbietenden. Ein Block von 5.000 Quadratkilometern ging zuletzt für 300 Millionen US-Dollar weg.

Ob dort in 1.500 bis 2.000 Metern Tiefe wirklich Öl lagert, weiß niemand. Treten die Prognosen jedoch ein, könnte Angola im Jahr 2005 so viel Öl fördern wie heute Algerien oder Libyen – etwa 1,4 Millionen Barrel pro Tag. Da kann die deutsche Geschäftswelt nicht abseits stehen.

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