: Wilde Hummeln, altes Metall
■ „The Hives“ lassen die Hamburger Punk-Revival-Fieberkurve gehörig steigen
Im 3001-Kino geht gerade die Filmreihe Punk is Back zu Ende. Ist das schon das Ende des Punk-Revivals? Weil die alten Helden inzwischen die Radieschen von unten betrachten (Johnny Thunders, Sid Vicious) oder rechtzeitig vor dem Rock'n'Roll-Tod ausgestiegen sind, ist Nachwuchs nötig. Den gibts auch, jedenfalls in Japan, in Gestalt des Trios Guitar Wolf. Aber was hat Europa Neues an Drei-Ackord-Schrei-Musik zu bieten? Europa hat Schweden, und Schweden schickt uns The Hives.
Im schwedischen Dorf Fagersta taten sich vor einigen Jahren fünf Freunde zusammen. Zwei Platten auf dem Skate-Punk-Label Burning Heart Records gingen ins Land, bis die Hives auch im europäischen Ausland ihren Fans Sonics-inspirierten Punkrock um die Ohren hauen konnten. So spielten sie kürzlich im Molotow-Club, wo die höchstens Anfang 20-Jährigen das Hives-Leuchtreklameschild aufstellten und ihre Gitarren losknattern ließen. „Was haben diese Knaben, was ich nicht habe“ mögen sich manche gefragt haben, die selbst seit Jahren mit Marshall-Verstärker, Metal-Verzerrer und eher bescheidenem Erfolg herumexperimentieren. Nur weil Sänger Howlin' Pelle Almquist sich nach dem heulenden Wolf des Blues benannt hat, singt er nicht besser. Das braucht er auch nicht, denn seine Kehle produziert Laute, die von Chris Bailey, dem Sänger der aus-tralischen Saints sein könnten. Aber dieses Genöle allein ist es nicht: Auch die Musik der Schwedenbande ist kein planloses Geschrammel. Denn die Hives sehen in ihren schwarzen Anzügen nicht nur aus wie Spione, sie sind es auch. In verstaubten Plattenläden suchten sie nach Inspiration. Dabei haben sie sich vorwiegend bei amerikanischer Musik bedient. Aus Rock'n'Roll Riffs der 50er Jahre, Garagen-Beat der 60er und Punkrock der 70er mixen sie ein trashiges Gebräu, das runter geht wie Bier: Je mehr man trinkt, desto durstiger wird man. Und die Schweden sind ja bekannt dafür, dass sie gerne mit Alkohol umgehen. Auch wenn manche behaupten, sie würden ihn so schlecht vertragen.
Mit dem Vertragen ist es sowieso so eine Sache. Die Hellacopters sind ja Headliner des heutigen Abends, also sollte man annehmen, sie seien ähnlich gut, oder noch besser. Sind sie aber nicht. Und irgendwie passen die beiden Bands auch gar nicht so gut zusammen. Denn die Hellacopters spielen eher Midtempo-Stadionrock, der etwas nach Alt-Metall klingt. Und wenn diese Hellacopters, also Fluggeräte aus der Hölle, auf die Hives (“Bienenschwarm“) treffen, dann ist klar, wer da die Leute auf Trab bringen wird. Susie Reinhardt
Sonnabend, 21 Uhr, Markthalle
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