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Ein Zeichen für die Zukunft

Erstmals seit Kriegsende treffen sich Vertreter der Balkanstaaten in Zagreb. Zwar bestehen Konflikte fort, doch überwiegt der Wille, die Region dauerhaft zu stabilisieren

ZAGREB taz ■ Zum ersten Mal nach dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien saßen die Repräsentanten der ehemals verfeindeten Staaten zusammen. Der kroatische Staatschef Stipe Mesić und der Präsident Jugoslawiens, Vojislav Koštunica, gaben sich die Hand. Der Gipfel der Staaten Südosteuropas mit den hohen Repräsentanten der EU – neben dem Präsidenten Frankreichs, Jacques Chirac, auch die Bundeskanzler Deutschlands und Österreichs, Schröder und Schüssel – machten dies möglich. In Kroatiens Hauptstadt sollte die Zeitenwende auf dem Balkan dokumentiert und politisch weiterentwickelt werden. Neue Zeiten seien angebrochen, die Zukunft liege in einer Integration dieses Teils Europas in die EU, so die Botschaft des Gipfels in Zagreb, der gestern zu Ende ging.

Dass zwar viel versprochen, der von der Bevölkerung ersehnte Finanzplan zur Sanierung der Region jedoch nur in Aussicht gestellt wurde, trübte die Stimmung nicht. Vor allem die Kroaten schwelgten. Doch auch die anderen Teilnehmer waren sich einig: Die Abhaltung der Konferenz in Zagreb hat Kroatien aufgewertet. Kroatien sei stolz darauf, als Ort dieses historischen Gipfels auserwählt worden zu sein, erklärte Premier Ivica Racan. Jacques Chirac gab den Dank zurück. In Kroatien habe sich ein substanzieller Wandel zur Demokratie vollzogen. Alle Beteiligten seien froh, dass es mit dem neuen Wandel in der Bundesrepublik Jugoslawien gelingen könne, die Region zu stabilisieren und eine neue Politik zu begründen.

Diesen Statements konnten wohl alle Beteiligten zustimmen. Doch schon die Vorbereitung der Konferenz zeigte, dass die tiefen politischen Konflikte noch nicht überwunden sind. Das Gerangel um den Status der Staaten verweist darauf. Die Formel fünf plus eins meint die Teilnahme der Nachfolgestaaten Jugoslawiens, die Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro), Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Makedonien, Albanien plus Slowenien. Slowenien bekam einen Sonderstatus, weil es sich schon im Prozess der Integration in die EU sieht.

Montenegros Präsident saß in der ersten Reihe

Dass mit Albanien ein weiterer Problemstaat, jedoch kein Nachfolgestaat, aufgenommen wurde, war eine Bedingung der Kroaten. Die wollten demonstrieren, dass in Zagreb kein neues Jugoslawien gezimmert würde. Befürchtungen Zagrebs, dass Serbien das Integrationstempo bestimmen könnte, trat der EU-Sonderbeauftragte Bodo Hombach entgegen. Vielmehr sei die Gesamtregion in den Demokratisierungs- und Annäherungsprozess mit einbezogen. Das setze aber eine verstärkte regionale Kooperation der Staaten untereinander voraus, sagte Hobach zurtaz.

Der montenegrinische Präsident Djukanović, der die Unabhängigkeit seines Landes anstrebt und auf der Konferenz ein Referendum für die Unabhängigkeit im nächsten Frühjahr ankündigte, wollte nicht erscheinen, da er in der Delegation Jugoslawiens auftreten sollte. Erst als er gleichberechtigt mit Koštunica in der ersten Reihe der Präsidenten sitzen durfte, sagte er zu. Das Kosovo vertrat der UN-Administrator Bernard Kouchner. Ist die neue Zeit für alle da? Werden alle gleich behandelt werden? Beobachter aus dem Kosovo erklärten, dies sei eine EU-Veranstaltung, die Kosovoalbaner hofften nun auf die USA.

Auch Misstöne zwischen Deutschland und Frankreich waren nicht zu überhören. Denn die Idee zur Konferenz war in einem Gespräch der kroatischen und französischen Präsidenten entstanden. Die anderen Partner zeigten sich verschnupft, vor allem Deutschland, das bei dem Stabilitätspakt für Südeuropa federführend ist. Wollte Frankreich sich mit der Konferenz gegen den Stabilitätspakt in Szene setzen? Der deutsche Außenminister Joschka Fischer verneinte dies und sagte, er und Vedrine hättenalle Unstimmigkeiten ausgeräumt. Es habe sich gezeigt, dass gemeinsame Interessen alle Konflikte überdecken.

Viele Konflikte seien in Zagreb geblieben, der Wille aber, sie zu überwinden, sei gestärkt worden, war der Tenor. Es wird ein finanzielles Hilfspaket von über fast 5 Milliarden Euro geben. Die Frage der Kriegsverbrecher wurde heruntergespielt. Montenegros Präsident Djukanović erklärte, die internationale Gemeinschaft wolle Serbien so schnell in den politischen Prozess integrieren, weil die EU ökonomische Interessen in der Region habe. Der Wiederaufbau der Region wird Firmen aus der EU interessieren. Doch das Signal, das von Zagreb ausgehen soll, ist für die Bevölkerung der Region erwünscht: Friede und wirtschaftlicher Aufbau, die Übernahme europäischer Standards. Nur die Extremisten fürchten, noch mehr Einfluss zu verlieren. In Split explodierte eine Bombe. So etwas gehöre auch zur Demokratie, gaben die Veranstalter zu Protokoll. ERICH RATHFELDER

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