Vernetzt, Sister?

■ espressiva feiert be-swingten Abschluss – die Arbeit für Frauen geht weiter

Dass Frauen sich in Sachen Musik auf devotes Harfezupfen im engeren Familienkreis beschränkten, ist 100 Jahre her. Heute spielen Frauen Schlagzeug, drehen Platten, sampeln Beats und sind sogar Roadies. Also alles bestens für Frauen in der Branche?

„Es ist immer noch nicht selbstverständlich, Frauen auf der Bühne zu sehen“, sagt Dagmar Brunow, Pressesprecherin des Netzwerkes für Frauen im Musik-Business, espressiva. „Da gibt es noch haarsträubende Sexismen.“ Zwar seien heute die „Ausziehen!“-Rufe weitgehend verstummt, „aber es gibt immer noch Mischer, die die Schlagzeugerin beim Soundcheck fragen, wann denn der Drummer kommt“, sagt Brunow. „Oder dass bei gemischten Bands die Frau als Freundin des Sängers gilt.“

Wo schöne Beine wichtiger sind als Talent oder Instrumentenbeherrschung, werden Frauen auf der Bühne immer noch als Abweichung vom Normalen gesehen. Damit Musikerinnen in der Branche aber nicht nur als exotische Ausnahme registriert, sondern massenhaft sichtbar werden, entstand 1998 die Idee des Musikerinnen-Events espressiva. Im Rahmen des diesjährigen, zweiten Festivals boten Musik-Fachfrauen Workshops an, ein Symposium zu Musik und Internet und veranstalteten rund 60 Konzerte vor gemischtem Publikum.

Ausverkauft war dabei nicht nur der Net-Audio-Abend im Westwerk. Weil der Schwerpunkt des diesjährigen Festivals auf Elektronik lag, wurde beim Aufgebot von Elektro-Fachfrauen nicht gekle-ckert. Sound-Sisters produzierten Klänge und schickten sie ins Internet. Die wurden dann in Graz und London bearbeitet, um bei FSK live im Radio gesendet zu werden.

Pressesprecherin Brunow resümmiert: „Wir bekommen eine gute Resonanz und viele, auch überregionale Anfragen. Und es ist ein toller Erfolg, dass die Clubs mit weiblichen oder weiblich dominierten Bands gut gefüllt wurden.

Das nächste espressiva-Festival ist für 2002 geplant. Bis dahin soll es nur wenige ausgewählte Veranstaltungen in Hamburger Clubs geben. Geplant ist außerdem der Ausbau der Website www.espressiva.de als Präsentationsforum: Musikerinnen können ihre Bands mit Hörproben zum Runterladen vorstellen, Bookerinnen und Labelchefinnen, sofern es sie schon gibt, ihr Angebot publik machen.

Bis zum nächsten Festival will sich espressiva der weiteren Vernetzung von Frauen widmen. Denn das ist weiterhin bitter nötig. „Die Strukturen im Musikbereich sind total männerdominiert. Da gibt es kaum Frauen in führenden Positionen. Viele Frauen denken zwar, dass das gar nicht mehr nötig ist. Aber die Erfahrung zeigt, dass es schwierig ist, ohne Vernetzung einen Teil der Pfründe zu bekommen.“ All das bespricht man am besten unter sich, bei Treffen im sogenannten Salon Séparée. Einladungen gibt es auf Anfrage beim Frauenmusikzentrum, unter Telefon 39 27 31.

Weil das Gelingen des Festivals ein Grund zum Jubeln ist, feiert Espressiva heute einen besonders be-swingten Abschluss, wie immer: Von Frauen, für gemischtes Publikum. In einen Harlemer Ballroom wollen DJ Swingin' Swanee und die Tanzgruppe Downtown-Daisies die Fabrik verwandeln. Natürlich zu stilechtem Swing–Liveorchester. Susie Reinhardt

Donnerstag, 21 Uhr, Fabrik