Das „Modell“ bleibt umstritten

Jetzt muss der Vermittlungsausschuss entscheiden, ob die Entfernungspauschale nach Strecke und Fortbewegungsart gestaffelt wird. Bei Rot-Grün kriselt’s deswegen schon

BERLIN taz/rtr/dpa ■ Lange blieb der Eindruck von Geschlossenheit nicht erhalten, den Bundeskanzler Gerhard Schröder, sein Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) und die Vertreter der SPD-regierten Länder gestern verbreiten wollten. Man habe sich beim abendlichen Kamingespräch über die Entfernungskostenpauschale geeinigt, hieß es noch am Morgen. Zwar seien im Vermittlungsausschuss noch „Details“ zu klären, aber „das Modell“ stehe. Schon wenige Stunden später erklärte der Hamburger Bundesbevollmächtigte Willfried Maier (SPD) im Bundesrat dann jedoch, er halte das Ergebnis insgesamt für „unerträglich“, weil es beruflich pendelnde Autofahrer auf längeren Strecken bevorzuge. Unterstützung bekam er nicht nur von den Ministerpräsidenten der CDU-regierten Länder, sondern auch vom grünen Partner in der Bundesregierung. „Das entspricht nicht der Koalitionsvereinbarung“, sagte dessen verkehrspolitischer Sprecher Albert Schmidt.

Die Entfernungspauschale gehört zu dem Maßnahmenpaket, mit dem die Bundesregierung die Folgen des Ölpreisanstiegs der letzten Monate sozial abdämpfen will. Nachdem Schröder zunächst vorgeschlagen hatte, die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für alle Berufspendler auf 80 Pfennig pro Kilometer zu erhöhen, war zwischen Bund und Ländern ein Streit über die Finanzierung ausgebrochen. Die Einigung der Sozialdemokraten von Donnerstagnacht sah eine Staffelung vor: Autofahrer sollten ab 16 Kilometer Fahrtweg 80 Pfennig pro Kilometer geltend machen können, auf kürzeren Strecken 70 Pfennig und Nutzer des öffentlichen Verkehrs grundsätzlich nur 60 Pfennig. „Das ist immer noch mehr, als wenn Bahnfahrer ihre Fahrkarte abrechnen“, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). Ansonsten gelte das Günstigkeitsprinzip – der Steuerzahler soll das angeben können, was für ihn besser ist. Mit dem gegenüber dem einheitlichen Satz gesparten Geld sollte der Steuersatz für Agrardiesel von 57 auf 47 Pfennig gesenkt werden, da die Bauern durch die BSE-Krise noch mehr finanziellem Druck ausgesetzt seien.

„Das kann man doch nicht als Entfernungspauschale verkaufen“, empörte sich der grüne Umweltminister von Schleswig-Holstein, Klaus Müller. Es entspreche nicht der „ökologischen Vernunft“, wenn Bus- und Bahnfahrer gegenüber Autobenutzern benachteiligt würden.

Vermittelnd versuchte sich SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Der Kompromiss zwischen Schröder und den SPD-Länderchefs sei „besser als das geltende Recht“. Allerdings sehe er Chancen, die Pauschale, für die zunächst keine Befristung geplant war, mittelfristig ebenfalls auf 60 Pfennig abzusenken: Weil im Vermittlungsausschuss eben nicht nur „die Vertreter der Landesregierungen, sondern auch solche der Bundestagsfraktionen, die an der Entscheidungsfindung nicht beteiligt waren“, säßen, gebe es doch „Möglichkeiten zur Optimierung“. BW