Die Nacht der Leiden

Hertha BSC wird in Mailand aus dem Uefa-Pokal gekickt. Unverdient meinen alle und blicken in Richtung Meisterschaft. Hoeneß: Wollen in die Champions-League

In der Mailänder Congress Lounge wurde die „Nacht des Leidens“ mit einem Schwur beendet. „Wir werden uns im nächsten Jahr nicht mit dem Uefa-Cup rumschlagen, sondern in der Champions League spielen“, rief Dieter Hoeneß nach Mitternacht den unglücklichen Verlierern zu. „Grämt euch nicht – wir sind auf dem richtigen Weg“, versuchte der Manager, allen Frust über das Ausscheiden aus den Köpfen der Hertha-Profis zu treiben. Das K.o.- System des Uefa-Cups hatte die Berliner beim 1:2 gegen Inter Mailand mit brutaler Härte getroffen.

„Wir sind unverdient ausgeschieden“, fasste Nationalspieler Marko Rehmer auf dem Gala-dinner im Grand Hotel Brun die trübe Stimmung im Hertha-Lager zusammen. Bis in die frühmorgendlichen Stunden hinein versuchten Rehmer, Preetz, Sverrisson und Co. den späten Schock zu verdauen.

Eine Minute vor Spielende hatte Hakan Sükür mit dem Siegtor den Bundesliga-Spitzenreiter in kollektives Entsetzen gestürzt.

„Leider haben drei Minuten gefehlt, um für die Sensation zu sorgen“, haderte Trainer Jürgen Röber noch am Tag danach über den Triumph von Inter, den eigentlich die Herthaner schon in der Hand hielten. Mit einer beeindruckenden taktischen und spielerischen Leistung glichen die Gäste im Giuseppe-Meazza-Stadion nicht nur die frühe und irreguläre (Abseits-) Inter-Führung durch den Uruguayer Alvaro Recoba (5.) aus, womit das Hinspiel-0:0 veredelt war.

Zum Entsetzen der 12.693 Zuschauer – ausgenommen die 500 Hertha- Fans – brachte Hertha das angeschlagene Star-Ensemble der Mailänder mit dem Ausgleich von Rene Tretschok (54.) an den Rand der Katastrophe. „Es war für uns eine Nacht des Leidens, aber so viel leiden wollte ich nicht“, gestand Inter-Coach Marco Tardelli. „Inter wusste in der zweiten Halbzeit teilweise doch gar nicht mehr, was los ist“, meinte Kollege Röber.

„Es gibt nicht so viele Mannschaften, die hier so aufgetreten sind“, betonte Hoeneß, fügte aber an: „Dafür können wir uns nichts kaufen.“ Vielmehr müsse nun am Sonntag mit Stolz, Trotz und Selbstbewusstsein ein Punktgewinn in Leverkusen angestrebt werden: „Wenn wir anders reagieren würden, wären wir falsch am Platz.“

Der ungeliebte Uefa-Cup, der auch wirtschaftlich mit rund 5 Millionen Mark brutto nur einen Bruchteil der letztjährigen Erlöse aus der Champions League (40 Millionen) bescherte, soll schnell vergessen werden.

Als Trostpflaster für das Ausscheiden in Mailand soll nun die Herbst- Meisterschaft in der Bundesliga her, „dafür wollen wir bei Bayer Leverkusen am Wochenende die Grundlage schaffen“, forderte der Manager, der im San Siro selbst die „bitterste Niederlage“ erlebte, seit er bei Hertha ist: „Wir haben grandios gespielt, deshalb ist es so bitter. Aber das Leben geht weiter.“

DPA/TAZ