: Kurth will bei der Sozialhilfe sparen
Finanzsenator fordert eine intensivere Vermittlung von Stützeempfängern in feste Jobs und eine bessere Kooperation zwischen Sozialämtern und Arbeitsämtern. Die eingesparten Mittel sollen teilweise dem überlasteten Personal zugute kommen
von JULIA NAUMANN
Finanzsenator Peter Kurth (CDU) plant Einsparungen bei der Sozialhilfe. Um hier Millionenausgaben zu reduzieren setzt er auf eine intensivere Vermittlung von Stützeempfängern in gesicherte Arbeitsverhältnisse. So sollen die Sachbearbeiter in den Sozialämtern stärker mit den Arbeitsämtern zusammenarbeiten, um geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten für die Stützeempfänger zu finden, fordert Kurth. Als Anreiz bietet er den Bezirken an, einen Teil der eingesparten Gelder für Personalstellen zu erhalten.
Der Finanzsenator hofft, dass die Bezirke so künftig mit ihren Sozialhilfemitteln besser auskommen. Sie bekommen jedes Jahr von der Finanzverwaltung anhand der Anzahl der Sozialhilfeempfänger des Vorjahrs die entsprechenden Gelder. Kommen dennoch Empfänger hinzu, so muss der Bezirk 10 Prozent Eigenanteil zahlen, der Rest kommt von der Hauptverwaltung. Die musste im vergangenen Jahr 400 Millionen Mark dazuschießen.
Kurth verspricht sich davon eine „gerechtere“ Verteilung: „Nur die Sozialhilfeempfänger sollen Leistungen erhalten, die wirklich auf Sozialhilfe angewiesen sind“. In Berlin bekamen Ende 1999 272.000 Menschen 1,8 Milliarden Mark Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Anzahl der Sozialhilfeempfänger ging zwischen 1998 und 1999 um 10 Prozent zurück.
Die Wilmersdorfer Finanzstadträtin Monika Thiemen (SPD) hält eine verstärke Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt für sinnvoll. Doch nicht nur in den Sozialämtern, sondern auch in den Arbeitsämtern solle es mehr Bearbeiter geben. Ein Arbeitsamtmitarbeiter bearbeite durchschnittlich 600 Personen, ein Sachbearbeiter im Sozialamt Wilmersdorf 140 Menschen. In Neukölln sind es sogar 170.
Um Menschen auf den Arbeitsmarkt zu vermitteln, müsse es „einen ganzen Strauß von Maßnahmen“ geben“ – Lohnkostenzuschüsse, maßgeschneiderte Jobs und Qualifizierungsprogramme.Welche die geeigneten seien, hänge sehr von der sozialen Struktur der Bevölkerung in den einzelnen Bezirken ab, sagt Thiemen. In Wilmersdorf hat die Firma Maatwerk in zwei Jahren 300 Sozialhilfeempfängern einen dauerhaften Job vermittelt. In Köpenick suchen sechs Beschäftigungsträger insbesonderen Jugendlichen Jobs. „Fallmanager“ kümmern sich im Köpenicker Sozialamt nur um vermittlungsfähige Empfänger. Zwei Drittel der Sozialhilfeempfänger scheiden nämlich für die Arbeitssuche aus, weil sie alt, krank oder Kinder sind.
In Kreuzberg haben die Vermittlungstätigkeiten mittlerweile ein „hohes Level“ erreicht, konstatiert Sozialamtsleiter Jürgen Keil. Es könnten noch mehr Menschen in den Arbeitsmarkt integriert werden, doch dabei handle es sich um eine sehr „schwierige Klientel.“
Die Wilmersdorfer Finanzstadträtin weist zurück, dass die Sozialhilfe ungerecht verteilt sei. Betrug sei es, „arbeiten zu gehen und trotzdem Sozialhilfe zu beziehen“. Das komme nur in 1 Prozent der Fälle vor.
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