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Wenn der Schutzmann nicht mehr will ...

■ 80 Bremer Polizisten warten darauf, in Altersteilzeit zu gehen / Ihr Gesuch wurde pauschal abgelehnt / Jetzt hat das Verwaltungsgericht dem Innenressort Nachhilfe erteilt

Das Personalmanagement der Polizei liegt im Argen. Von vorausschauender Planung kann offenbar kaum die Rede sein. Anders ist nicht zu erklären, warum rund 80 Anträge auf Altersteilzeit, die Bremer Polizeibeamte laut Auskunft der Gewerkschaft der Polizei (GdP) bisher gestellt haben, fast ausnahmslos und ohne Ansehen der jeweiligen Arbeitssituation abgelehnt wurden – obwohl ein Gesetz vom Frühjahr 1999 den Anspruch der Beamten auf Altersteilzeit regelt.

Jetzt hat die Behörde Nachhilfe bekommen – vom Verwaltungsgericht. Beantragte Altersteilzeit dürfe nicht einfach – unter Verweis auf die Personalentwicklungsplanung etwa – außer Kraft gesetzt werden. Sonst würde „das primäre Gesetzesziel“ – durch Altersteilzeit vorrangig Handlungsspielraum für Neueinstellungen zu eröffnen – „unterlaufen“, so das Urteil, das ein Teilzeit-williger Polizist erwirkt hatte.

„Wir wollen eine schnelle Klärung herbeiführen“, sagt offiziell jetzt der Sprecher des Innenressorts, Markus Beyer. Es gehe schließlich „um Lebensplanungen“. Bei der letzten Personalversammlung der Polizei hatte Innensenator Bernt Schulte (CDU) allerdings noch mit seiner Bitte um Zurückhaltung bei der Altersteilzeit für Kopfschütteln gesorgt – obwohl die Beamten mit ihm einer Meinung sind, dass die Personaldecke der Bremer Polizei aufs Äußerste angespannt sei. Schon lange sagt auch die GdP, dass das Personalminimum, um die Sicherheit Bremens zu erhalten, erreicht sei. Dabei bezieht sie sich auf Berechnungen, die Inneres gemeinsam mit der Senatskanzlei erstellt hat.

Weder dem Kläger, ein Bremerhavener Wasserschutzpolizist, noch dem Gericht, war der allgemein angeführte Personalmangel jedoch Argument genug. Es sei „Sache der Verwaltung, planend und vorausschauend für eine sachgemäße Aufgabenerfüllung unter Wahrung der Rechte der Beamten zu sorgen“, entschieden schließlich die Verwaltungsrichter. Schon gar nicht dürften Anträge auf Alters-teilzeit ohne Bewertung des Einzelfalls entschieden werden. „Zweifelhaft“ sei hier auch das Vorgehen der ehemaligen Senatskommission für das Personalwesen, heute Performa Nord, die auch nach dem Widerspruch des späteren Klägers „keine eigene Bewertung der dienstlichen Belange vorgenommen“ habe.

Zweifelhaft ist nach Ansicht des Vorsitzenden der Bremer Polizeigewerkschaft, Dieter Oehlschläger, unterdessen auch die jüngste Entwicklung nach dem Urteil. Seinen Beobachtungen zufolge nämlich gelten für Polizeibeamte in Bremen und Bremerhaven neuerdings unterschiedliche Rechte. Während in Bremerhaven die Chancen auf Altersteilzeit stiegen, sei dies in Bremen nach wie vor nicht so. „Das verletzt den Gleichheitsgrundsatz“, sagt Oehlschläger.

So sieht es auch der CDU-Innenpolitiker Rolf Herderhorst. Für pauschale Ablehnungen habe er kein Verständnis – zumal das Altersteilzeitgesetz vom gesamten Bremer Senat getragen wurde. Für die SPD sagt Innenpolitiker Hermann Kleen: „Es kann nicht angehen, dass die Beamten ihre Knochen im Schichtdienst hinhalten müssen, bis sie die offizielle Altersgrenze von 60 erreicht haben.“ Die Belange älterer Polizeibeamte müssten im Ressort mit ebenso viel Nachdruck vertreten werden, wie dies derzeit in Bereichen geschehe, wo für wichtige und unverzichbare Investitionen Ressourcen frei gestellt würden. Der Personalrat der Polizei verweist derweil – ebenso wie die GdP – auf besondere Folgen der Dienstrechtsreform. Seitdem seien Umsetzungen aus dem Schichtdienst schwerer möglich – aber zwei Drittel der rund 2.430 Polizisten arbeiten Schicht. Umso größer sei die Bedeutung von Altersteilzeit.

Auf besondere Kritik stößt die Praxis dort auch deshalb, „weil es in anderen Ressorts doch klappt“. Tatsächlich bestätigt das Bildungsressort, dass bislang 460 Anträge von zumeist beamteten VollzeitlehrerInnen bewilligt wurden. Eine erkleckliche Zahl wenn man weiß, dass nur 850 VollzeitlehrerInnen über 55 Jahre sind – und also einen Antrag stellen können. ede

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