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Angst vor der Rache

Nach der Verhaftung ihres 15-jährigen Landsmanns fliehen Vietnamesen aus dem sächsischen Bernsdorf

BERNSDORF taz ■ Die Leuchtschrift verspricht ein „frohes Fest“, doch der Budenzauber ist vorbei in der sächsischen Kleinstadt Bernsdorf. Der Weihnachtsmarkt ist abgeräumt. Kerzen brennen nur noch dort, wo Mathias F. am Samstagabend von einem 15-jährigen Vietnamesen erstochen wurde. Der Jugendliche sitzt in Haft, er hat ein Geständnis abgelegt. Laut Polizeibericht wurde er vor seiner Tat von drei Rechten – darunter Mathias F. – angepöbelt und bedroht.

Der Maler Mathias ist tot, der Märtyrer Mathias gerade geboren. „21 wurde er nur für das deutsche Vaterland“, steht am Tatort auf dem Bürgersteig. Ein Aufnäher mit einem grimmigen Wikingergesicht hängt an einer Tür, daneben ein eisernes Kreuz mit eingraviertem „Skin“. Ein Gedicht pappt über den Blumen: „Du warst doch nicht krank, dir ging es doch gut, dieser plötzliche ‚Unfall‘ bringt mich in Wut.“Am Sonntag gab es den ersten Gedenkmarsch, Skins zogen von der Tankstelle zum Tatort.

Die in Bernsdorf ansässigen Asiaten haben die Untertöne verstanden. Der Laden der Eltern des 15-Jährigen ist zu, ebenso wie der China-Imbiss. Die ersten vietnamesischen Familien meldeten ihre Kinder von der Schule ab, sie verlassen Bernsdorf. Für immer. Aus Angst vor Rache.

Im Ort blickt man der Beerdigung mit Sorge entgegen. Bürgermeister Eberhard Menzel setzt seine Hoffnung auf die Polizei – und die Pastorin. Sie soll am Grab sprechen und die Rechten besänftigen. Doch das kann die vietnamesischen Familien nicht in Bernsdorf halten. Bamigoreng gibt es jetzt nur noch beim Mann von „Bo-Frost“ – tiefgekühlt.

THOMAS GERLACH

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