: Mit Kundenkarten auf Datenfang
Das Rabattgesetz ist weg, Schnäppchenjäger und -anbieter kommen. Payback gewährt seinen Kunden schon länger Preisnachlässe. Nicht nur um die Kunden zu binden, sondern um persönliche Daten weiterzuleiten. Verbraucherverband klagt
von THOMAS BROCK
Wer bei einem Mitglied von Payback einkauft, erhält einen Preisnachlass – und das ist immer gut. Findet der Kunde. Doch Vorsicht, warnen Verbraucherschützer: Der Preisnachlass, den etwa der Handelsriese Metro oder der Kinobetreiber Ufa gewähren, wird auf einer Chipkarte gutgeschrieben. Sind 1.500 Punkte bzw. knapp 30 Mark gesammelt, kann der Gegenwert ausgezahlt werden. Am anderen Ende der Datenkette interessiert sich die hinter Payback stehende Firma „Loyalty Gesellschaft für Kundenbindungssysteme mbH“ in München jedoch nicht für die Bonuspunkte, sondern für die Daten der Kunden. Verbraucherschützer fürchten den Missbrauch dieser Datenmasse. Die Payback-Gesellschaft, an der die Lufthansa zu gut 50 Prozent und die Metro AG zu 25 Prozent beteiligt sind, erstellt Kundenprofile und erforscht das Kaufverhalten für Marketingzwecke. Fast sechs Millionen Kunden beteiligen sich an Payback, das erst im März an den Start gegangen war. 12 Millionen sollen es bis zum Jahr 2004 werden. Auf den Konten haben sich bisher 45 Millionen Mark angesammelt.
Payback ist nicht das einzige Rabatt- und Kundenbindungssystem. Und mit der Abschaffung des Rabattgesetzes, das Preisnachlässe auf drei Prozent begrenzte, wird die Branche erst richtig boomen. In Größe und Form ist Payback jedoch einmalig. Denn im Gegensatz zum schon lange üblichen Einsatz von Kundenkarten in Kaufhäusern fließen bei Payback Nutzerdaten mehrerer Branchen, so auch aus dem Internet, zusammen. Aus verbraucherschutzrechtlicher Sicht seien Kundenbindungssysteme „prinzipiell akzeptabel“, sagt Manfred Dimper von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände. Doch es bleibt das Gebot des Abwägens. Es ist bekannt, dass Marketing- Instrumente, wie Preisausschreiben, Rabatte oder Gewinnspiele, nicht nur der Kundenbindung, sondern auch der Erstellung von Kundenprofilen dienen. Deshalb, so Dimper, müsse man sich überlegen, „wie viel einem die Privatsphäre wert ist“.
Bereits im Oktober war Payback einer der ersten deutschen „Big-Brother-Awards“ (www.big-brother-awards.de) zugedacht worden, eine Negativauszeichnung für Eingriffe in die Privatsphäre. Payback speichere „personalisierte Daten zum Kaufverhalten von tausenden von Verbrauchern“, die für eine Rabattgewährung nicht nötig seien. Zwar entgegnet der Firmensprecher von Payback, dass die Daten sicher und anonymisiert gespeichert werden. „Kein Partnerunternehmen erhält von uns Auskunft darüber, was, wie und wo eine Person einkauft.“ Auch eine Werbeflut sei nicht zu erwarten: „Es wird 12 Mailings im Jahr geben – mehr ist nicht zumutbar.“
Für Hajo Köppen von der deutschen Vereinigung für Datenschutz e. V. und dem Verbraucherschutzverein Berlin ist jedoch entscheidend, ob und wie über die beabsichtigte Datenverarbeitung und Datenverwendung informiert wurde. „Der Kunde muss wissen, worauf er sich einlässt“, so Köppen. Nach seiner Ansicht werde bei der Anmeldung nur unzureichend auf die beabsichtigte Datenverwertung aufmerksam gemacht. Der Verbraucherschutzverein Berlin klagte deswegen gegen Payback auf Unterlassung der derzeit verwendeten Zustimmungsklauseln. In einem Verfahren vor zwei Jahren am Oberlandesgericht Stuttgart hatten die Richter einer ähnlichen Klage bereits stattgegeben: Sie untersagten es den Firmen, Einwilligungserklärungen unterzeichnen zu lassen, in denen lediglich versichert wird, dass die „Befragungsergebnisse ausschließlich für Marketingzwecke personenbezogen erfasst, gespeichert und übermittelt werden“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen