: Tiermehl statt Kohle verheizen
Erstes deutsches Kraftwerk beginnt mit der Verfeuerung von Tiermehl. Stromkonzerne erwarten lukratives Geschäft mit der Vernichtung hunderttausender Tonnen des Stoffes
BERLIN taz Als erster deutscher Energiekonzern hat die Firma Eon mit der Verfeuerung von Tiermehl in einem Kraftwerk begonnen. Seit Beginn dieser Woche werden im Kraftwerk Staudinger in Großkrotzenburg bei Aschaffenburg zehn Prozent des Brennstoffs durch Tiermehl ersetzt, bestätigte gestern Eon-Sprecherin Petra Uhlmann auf Anfrage der taz. Der Probebetrieb ist vom Regierungspräsidium Darmstadt zunächst auf die Dauer von sechs Monaten begrenzt worden.
Eon hat die Nase vorn, weil die Verbrennung bereits im Oktober beantragt wurde, erklärte Uhlmann. Denn bereits im Juni hatte die EU beschlossen, kein Tiermehl mehr an Rinder zu verfüttern. „Der Bedarf an Kapazitäten für die Beseitigung hat sich enorm erhöht“, so die Firmensprecherin. Derzeit prüfe ein Projektteam beim größten deutschen Betreiber von konventionellen Kohlkraftwerken, Eon, für welche anderen Kraftwerke noch Anträge auf Tiermehlverfeuerung gestellt würden. Im Probelauf werden im Kraftwerk Staudinger 10 Tonnen pro Stunde verheizt. Bei vollem Betrieb rechnet das Unternehmen dort mit der Vernichtung von 50.000 Tonnen Tiermehl. Insgesamt kommen für die Beseitigung des Mehls etwa 30 Standorte mit einer Gesamtleistung von 18.000 Megawatt in Frage. Konkurrent RWE hatte bereits vor zwei Wochen angekündigt, man werde die Verbrennung von Tiermehl als eine „Möglichkeit der schadlosen Entsorgung prüfen.“ Insgesamt stelle man sich auf „mehrere hunderttausend Tonnen Tiermehl“ ein, die entsorgt werden müssten. In Deutschland fallen jedes Jahr etwa 700.000 Tonnen Tiermehl an.
Die BSE-Krise hilft den Kraftwerksbetreibern bei der Senkung von Kosten. Denn mit dem Tiermehl sparen sie Ausgaben für den Brennstoff – und bekommen gleichzeitig noch Geld für die Vernichtung des Tiermehls. Zwar werde Eon in die Umstellung bei der Verbrennung und die Überwachung der Emissionen investieren, betonte Uhlmann. Doch gleichzeitig machte sie klar, dass der Konzern für die „Dienstleistung“ Verbrennung eine angemessene Bezahlung verlange.
Der Bund Naturschutz in Bayern kritisierte den Probebetrieb in Großkrotzenburg. Damit werde „im Handstreich“ das Kraftwerk für die Verbrennung von „Problemabfällen“ wie Klärschlamm, Altölen oder Altkunststoffen geöffnet, hieß es in einer Erklärung. Außerdem sei nicht geklärt, ob das Kraftwerk für die Verbrennung von Tiermehl hinreichend getestet worden sei.
BERNHARD PÖTTER
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