: Öko-Audit kommt – laaangsaaam
■ Zwar will der Senat das Öko-Audit in Bremer Unternehmen verstärken, aber noch machen nicht viele mit / Als erste Klinik macht die St.-Jürgen-Straße jetzt Dampf im Umweltschutz
In Sachen Öko ist Bremen fast noch Brachland: 15 Unternehmen haben sich seit 1993 das EU-Label für systematisches Umweltmanagement verdient. Im Bundesvergleich liegt Bremen beim Öko-Audit damit ganz weit hinten. Selbst im angenehmeren Städtevergleich reicht es nur für einen Mittelplatz. Schwung in die Sache könnten jetzt ausgerechnet die Krankenhäuser bringen: Als erste Klinik der Region bemüht sich das ZKH St.-Jürgen-Straße um das Umwelt-Label.
Wegen des mageren Bremer Rankings hat sich der Senat die Verbreitung des Öko-Audits inzwischen höchstselbst auf die Fahnen geschrieben: Mindestens 50 Bremer Unternehmen sollten das Zertifikalt bis 2003 im Titel führen, so die Zielvorgabe im Koalitionsvertrag. Um die Sache zu beschleunigen hatte Umweltsenatorin Tine Wischer (SPD) schon vor zwei Jahren alle Unternehmen angeschrieben, um für eine umweltorientierte Unternehmenspraxis zu werben. Auch ein Förderprogramm wurde aufgelegt, um kleine und mittlere Betriebe mit bis zu 35.000 Mark für zusätzliche Kosten zu wappnen. Wischer versprach außerdem, dass die staatliche Überwachung der technischen Anlagen von zertifizierten Betrieben deutlich reduziert werden soll.
„Man sollte eigentlich meinen, dass die Unternehmen jetzt Schlange stehen“, erklärt Pressesprecher Holger Bruns. Die Nachfrage sei aber ausgesprochen zäh. Seit Wischers Werbeschreiben sind erst acht Betriebe dazugekommen. Für viele Unternehmen sei das Öko-Audit immer noch eine Hemmschwelle. Gescheut werden Kosten für externe Umweltberater, zusätzliche Personalstunden und der wahnsinnige Aufwand, um vor den EU-Gutachtern zu bestehen.
Rund 100.000 Mark kostet zum Beispiel die externe Beratung beim ZKH St.-Jürgen. Diese Begleitung durch Umweltspezialisten der Unternehmensberatung ecco gilt als „Hilfe zur Selbsthilfe“, erklärt Geschäftsführer Walter Bremermann: In einem Jahr sollen 15 Klinik-MitarbeiterInnen aus allen Bereichen zu Umweltexperten ausgebildet sein, die Ökoauflagen selbstständig vor Ort umsetzen. Ziel ist es, den Krankenhausbetrieb möglichst so umzustellen, dass Umweltbelas-tungen am besten gar nicht erst entstehen. Zum Beispiel könnten einwegverpackte Produkte von der Einkaufsliste fliegen.
Noch produzieren Krankenhäuser dagegen jede Menge Umweltbelastungen: Unmengen an Wasser werden zum Beispiel verbraucht (154 Millionen Liter pro Jahr allein im Krankenhaus St.-Jürgen-Straße). Die Stromrechnung schlägt dort mit 3,3 Millionen Mark im Jahr zu Buche. Außerdem landeten 1999 rund 1.800 Tonnen Abfall auf dem Müll. Mit den Umweltberatern sollen jetzt Ziele definiert werden, wie und wie viel sich vom Müll, Wasser- oder Stromverbrauch reduzieren lässt.
Das Engagement der St.-Jürgen-Straße ist indes nicht ganz uneigennützig – es spart vor allen Dingen Geld. Durch die Einführung des Recyclinghofs vor acht Jahren beispielsweise konnte die Klinik inzwischen ihre Entsorgungskosten um 500.000 Mark zurückschrauben – und das obwohl die Gebühren gestiegen sind. Laut Umweltressort können Unternehmen durch systematisches Umweltmanagement ihre Gesamtkosten um bis zu fünf Prozent reduzieren. Die Ausgaben für die Einführung des Umweltmanagements hätten sich oft also schon nach zwei Jahren amortisiert.
Das Beispiel St.-Jürgen-Straße könnte also Schule machen, glaubt Direktor Bremermann. Auch die anderen Krankenhäuser wären möglicherweise nicht abgeneigt, wenn die St.-Jürgen-Straße in Zukunft mit dem Öko-Zertifikat richtig Werbung macht. pipe
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