piwik no script img

Flugsicherung soll Abflug machen

Eine Studie im Auftrag des Bundesfinanzministeriums soll die Privatisierung der bundeseigenen Deutschen Flugsicherung GmbH prüfen. Verbände, Gewerkschaften und Militärs haben jedoch noch personelle und hoheitsrechtliche Bedenken

von THORSTEN DENKLER

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) denkt offenbar darüber nach, die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) zu verkaufen. Sein Ministerium hat die Anwaltskanzlei Baker und McKenzie beauftragt, die „einzelnen Aufgabenbereiche der DFS im Hinblick auf ihre Privatisierbarkeit“ zu überprüfen, wie es in dem Gutachten der Kanzlei heißt.

Das für die DFS zuständige Verkehrsministerium ist über das vertrauliche Papier, das der taz vorliegt, informiert. Morgen will nach internen Informationen der DFS-Aufsichtsrat erstmals über das heikle Unterfangen beraten.

Die DFS gehört zu 100 Prozent dem Bund. Das ehemalige Bundesamt für Flugsicherung ist 1993 in eine privatrechlich organisierte GmbH umgewandelt worden. Dieser Schritt galt damals als Testlauf für die späteren Großprivatisierungen der Bahn und der Post. Die DFS sorgt für einen reibungslosen Luftverkehr an den deutschen Passagier- und Frachtflughäfen und im mittleren Luftraum über Deutschland. Der Norden Deutschlands und der obere Luftraum wird von der Eurocontrol-Zentrale in Maastricht überwacht.

Klaus Engel, bis 1993 ÖTV-Verhandlungsführer bei der Privatisierung der Flugsicherung, sieht nicht nur die Besitzstände der rund 5.000 DFS-Mitarbeiter in Gefahr. Die hätten der rechtlichen Privatisierung, und damit dem Verzicht auf ihrem Beamtenstatus, nur zugestimmt, weil ihnen zugesagt worden sei, alle Privilegien bis auf die Unkündbarkeit behalten zu können. „Eine andere Frage wird sein, wie sich ein Verkauf auf die hoheitsrechtlichen Aufgaben auswirkt“, sagt Engel. „Es ist nicht auszuschließen, dass der Flugverkehr unsicherer wird, wenn private Anbieter die DFS übernehmen.“

Das Gutachten von Baker and McKenzie schließt weitere Anbieter neben der DFS aus. In einem Luftraum dürfe es zur „Gewährleistung optimaler Sicherheit“ auch nur einen Flugsicherer geben, heißt es. Allerdings sei es nicht aus den „Sachgesetzlichkeiten geboten“, dass alle Fluglotsen ein und demselben Unternehmen angehören. Das Personal der DFS muss also nicht zwingend bei der DFS angestellt sein.

Die DFS könnte also weiterexistieren – nur mit anderen Eignern. Potentielle Käufer stehen schon Schlange. Hauptinteressenten dürften die deutschen Flughafengesellschaften und die Lufthansa AG sein, auch ein ehemals staatliches Unternehmen. „Das wäre, als wenn sie die Verkehrspolizei an DaimlerChrysler und das Gesundheitsamt an Bayer verkaufen“, sagt Harald Hoppe vom Verband Militärischer Flugsicherer. „Die DFS ist die deutsche Luftpolizei.“ Es dürfe nicht sein, dass sie zu einem einfachen Wachdienst werde, dessen Mitarbeiter im Zweifel keine Pistole mehr im Halfter stecken hätten.

Finanziell ist die DFS kein Verlustgeschäft für den Bund. Im Gegenteil. Die DFS lebt ausschließlich von den Gebühren, die sie Flughäfen und Fluglinien für ihre Dienste abverlangt. Da sie keinen Gewinn machen darf, sind die Überschüsse in neue Technik investiert worden. Heute zählt die DFS zu den weltweit technisch fortgeschrittensten Flugsicherern – trotz staatlichem Eigner.

Ein Hindernis bei einem Verkauf könnte der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr sein. Mit der Umwandlung des Bundesamtes für Flugsicherung in eine GmbH ist die militärische Flugsicherung 1993 in die DFS integriert worden. Nur die etwa 40 deutschen Militärflughäfen werden noch von Fluglotsen der Bundeswehr betreut. Der Verband der militärischen Fluglotsen fordert seit langem, auch diesen Teilbereich der DFS zuzuordnen. Nicht zuletzt, weil Fluglotsen außerhalb des Militärs hoch bezahlte Arbeitskräfte sind.

Viele militärische Fluglotsen stehen als beurlaubte Soldaten im Dienst der DFS. Daraus ergibt sich am Rande ein Personalproblem für die Bundeswehr: Die beurlaubten Soldaten können bei gleicher Qualifikation einige tausend Mark mehr im Monat verdienen als ihre uniformierten Kollegen.

Weil Fluglotsen rar sind, bewerben sich immer mehr Militärlotsen um eine Lizenz für den zivilen Dienst. Das Luftfahrtbundesamt verweigert diese regelmäßig, weil sonst die Bundeswehr im Ernstfall ihrem Verteidigungsauftrag nicht mehr nachkommen könnte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen