piwik no script img

Extreme Ruhe am See

Milliarden pumpte das Land in die Entwicklungsgebiete. Die Bewohner vermissen Busanschlüsse und Geschäfte

Um die Rummelsburger Bucht ist es still geworden, verdächtig still. Dabei gab es durchaus Zeiten, in denen die so genannten städtebaulichen Entwicklungsgebiete zu den Vorzeigeprojekten der Hauptstadt gehörten. Vor allem nach der Fertigstellung der „neuen Vorstädte“ in Karow hatte der ehemalige Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) das Steuer zugunsten der Entwicklung innerstädtischer Areale herumgerissen.

Sowohl an der Rummelsburger Bucht als auch am Schlachthof Eldenaer Straße und in der Wasserstadt Spandau sollten hochwertige innerstädtische Wohngebiete entstehen, um der zunehmenden Stadtflucht entgegenzuwirken.

Mittlerweile sind auf der Halbinsel Stralau und in den am anderen Ufer des Rummelsburger Sees gelegenen Quartieren ein Drittel der geplanten 5.900 Wohnungen fertig. Doch die glücklichen Stadtbürger, die nun beim feierabendlichen Blick auf das Wasser jeden Gedanken an Stadtflucht vergessen sollten, werden zunehmend zum Protestpotenzial.

Als „ziemlich verfahrene Kiste“ bezeichnet etwa der Betroffenenvertreter Gerhard Schulze das Entwicklungsgebiet. Der Grund: Es fehlt an Einkaufsmöglichkeiten.

Aber auch der Plan des Entwicklungsträgers, die Stralauer Halbinsel als „autoarmes“ Wohnquartier zu entwickeln, erweist sich angesichts der schlechten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr als schwieriges Unterfangen. Mehr noch: Weil wegen des Leitbilds „autoarm“ kaum Parkplätze genehmigt werden, denken die ersten Mieter bereits wieder an den Wegzug. Jeder Fünfte, ergab vor kurzem eine Studie, wolle das Gebiet wieder verlassen.

Das Land Berlin sind diese Planungsfehler ohnehin schon teuer zu stehen gekommen. Ursprünglich sollten sich die Entwicklungsgebiete selbst finanzieren. Mittlerweile jedoch musste das Land 1,2 Milliarden Mark zuschießen. WERA

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen