: Endlich Endlager
Das russische Parlament billigt ein Gesetz, das das generelle Importverbot für Atommüll aufhebt
BERLIN taz ■ Russland will in den nächsten zehn Jahren rund 20.000 Tonnen ausländischen Atommüll aufnehmen. Einem entsprechenden Gesetz hat die Duma, das russische Parlament, gestern mit 319 zu 131 Stimmen in erster Lesung gebilligt. Der Atommüll soll endgelagert oder verarbeitet werden. In Russland war der Import von Atommüll bislang verboten. Das Energie- und Atomministerium (Minatom) hatte bereits seit längerer Zeit westlichen Interessenten signalisiert, der Mülleinfuhr stünde bald nichts mehr entgegen.
Rund 21 Milliarden Dollar soll der Handel einbringen. Mit dem Erlös sollen veraltete russische Atomanlangen renoviert und Umweltschutzprojekte finanziert werden. Minatom argumentiert, dass der Handel im Endeffekt auch vom Standpunkt des Umweltschutzes für Russland positiv einzuschätzen sei. Bis 2030 werde die Kapazität der russischen Atomindustrie laut Planung von Minatom verdreifacht werden.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace Russland zweifelt daran, ob die Gelder aus dem Atommüll-Deal tatsächlich dem Umweltschutz zugute kommen werden. Mit dem Erlös solle nach ihren Erkenntnissen vor allem das russische Atomprogramm ausgebaut werden. Russland wolle vielmehr gegen Geld die Lagerungsprobleme der westlichen Atomindustrie auf dem Rücken der russischen Bevölkerung lösen. Russland ist nach Ansicht führender Umweltschutzexperten kaum in der Lage, die eigenen Atomabfälle aufzubereiten, geschweige denn das aufbereitete Material sachgerecht zu lagern. In der Umgebung der Wiederaufbereitungsanlage Majak im Uralgebiet etwa wird nukleares Material unter freiem Himmel gelagert.
Ein großer Teil des Atommülls könnte aus der Schweiz kommen. Die Schweizer AKW-Betreiber bekundeten bereits 1999 ihren Willen, Atommüll in Russland aufarbeiten oder lagern zu lassen. In einer vertraulichen Erklärung zwischen Minatom und der Schweizer Atomindustrie war die Rede von mindestens 2.000 Tonnen bis zum Jahr 2030.
Im vergangenen Oktober hatten Russlands Umweltschützer 2,5 Millionen Unterschriften gesammelt für ein Referendum, das die Einfuhr ausländischen Atommülls zur Wiederaufbereitung und Lagerung verbieten sollte. Ende November lehnte die zentrale Wahlkommission die Durchführung mit der Begründung ab, von den eingereichten Unterschriften seien über 600.000 ungültig.
Die Initiatoren des Referendums forderten auch die Wiedererrichtung einer eigenständigen föderalen Umweltschutzbehörde sowie eines Forstamtes. Diese Behörden wurden von Präsident Putin im Mai aufgelöst und mit dem Ministerium für Bodenschätze zusammengelegt.
ROMAN BERGER
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