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Visionen, die aus der Tube kommen

Drei Berliner ArchitektInnen haben das Mittel gegen „Wohnmüdigkeit“ angerührt – und damit auch noch einen internationalen Preis gewonnen. Doch vor Nebenwirkungen wird gewarnt: „future vision- wohnpaste kann auch zu Wohnungswechsel führen“

von SILVIA LANGE

Wenn es draußen kalt und eklig ist, sollte es drinnen umso gemütlicher sein. Sollte – doch gerade in der Zeit, in der man besonders auf den Raum zwischen seinen vier Wänden angewiesen ist, fängt dieser nicht selten an zu nerven. Der Schreibtisch steht an der falschen Stelle, der Schrank macht das Zimmer zu klein. Und die Aussicht auf den tristen Hof inspiriert auch nicht gerade.

Gegen diese Art von „Wohnmüdigkeit“ gibt es jetzt ein Gegenmittel: „future vision wohnpaste“. Die besondere Creme steckt in einer schlicht gestalteten Salbentube und verspricht, „die Wahrnehmung des Wohnverhaltens zu intensivieren“ und „Hilfestellung bei der Einleitung von Veränderungen“ zu geben. Und das denkbar einfach: Man muss sich die Creme, die unter anderem aus Mandelöl und insbesondere dem speziellen Wohnwirkstoff „ambient-f“ besteht, nur großzügig genug auf die Haut auftragen. Dann sollte der Blick sich schon verändern und die Kreativität nur so sprühen.

Von Hand angerührt wurde die Paste von drei Berliner ArchitektInnen mit dem Namen „team ttt & t“. Und zwar nicht nur zum Spaß, sondern mit ernsthaften Ambitionen, die sogar gefruchtet haben: Die Wohnpaste hat den dritten Preis des internationalen Ideenwettbewerbs zum Thema „future vision housing“ gewonnen.

„Wir als Architekten sehen uns nicht als Problemlöser, sondern wollen die Leute ermuntern, sich selbst zuzutrauen, ihr Wohnumfeld und ihre Stadt zu verändern“, sagt Gabimarie Cissek vom team ttt & t. Das Konzept findet sich in dem Beipackzettel der Wohnpaste wieder, der strikt den üblichen Anweisungen eines Medikaments folgt. Anwendungsgebiete der Wohnpaste sind beispielsweise „Orte mit besonderer Ausstrahlung und Orte, an denen Sie sich noch fremd oder unwohl fühlen“.

Unter der Rubrik „Nebenwirkungen“ wird vor leichten Irritationen gewarnt: „future vision- wohnpaste kann zu Begegnungen führen, die Verwechslungen von Adresse und Wohnung zur Folge haben können – ein Zeichen, dass sich Alternativen auftun. Es kann zu Ortsveränderungen und hastigen Umzügen kommen.“ Die originelle Wohnpaste ist also vor allem etwas für Leute, die offen für Veränderungen sind. Eine Tube Wohnpaste kostet 17 Mark. Kontakt: Gabimarie (0 30) 7 84 92 58

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