innere sicherheit: Die Politik des Machbaren
Besteht die Notwendigkeit, neue Instrumente für die Berliner Polizei einzuführen? Eigentlich nicht. Die Kriminalitätszahlen weisen deutlich nach unten. Nur die Wirtschaftskriminalität erlebt einen Boom. Doch die wird selten durch Deformationsgeschosse aus Polizeiwaffen gestoppt.
Kommentarvon BARBARA JUNGE
Das Vorhaben von Eckart Werthebach, auch die Berliner Polizei mit den Kugeln auszustatten, die Straftäter auf der Stelle stoppen sollen, ist ein Zugeständnis an die Lobby der Beamten. An dieser Front besteht allerdings ein gewisser Handlungsbedarf des Dienstherren. Doch nicht nur die Polizisten werden mit Werthebachs Plan befriedigt, auch an der parteiinternen Hardlinerfront wird Zucker verteilt. Und der Senator verschiebt die Grenzen.
Wie beim Demonstrationsrecht. Die Ausdehnung der befriedeten Bezirke hat längst Gehör beim Bundesinnenminister gefunden. Und wird das Versammlungsrecht auch nicht ganz im Sinne Werthebachs geändert, die Voraussetzungen für Demoverbote werden bald gegeben sein.
Wie beim Berliner Polizeigesetz. Nicht alle Punkte, die auf der politischen Agenda des Innensenators standen, stehen jetzt im neuen Polizeigesetz, doch durchgesetzt hat Werthebach einiges: die leicht abgemilderte Schleierfahndung und Aufenthaltsverbote. Sie sind die Grundlage weiterer Verschiebungen.
Auf Granit gebissen hatte Werthebach bei der Verschärfung des Polizeigesetzes mit seinem Anliegen, die Sicherheit der Stadt mit Videokameras zu erhöhen. Die SPD – im Wissen darum, dass Videokameras Kriminalität stets nur verlagern, statt sie zu verhindern – hatte sich lediglich auf einen Probelauf am Breitscheidplatz eingelassen. Doch auch hier rüttelt der Senator bereits am aktuell gültigen Polizeigesetz wie am Kompromiss mit der SPD. Immer getreu der Devise: Das Machbare machen. Die Grenzen verschieben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen