: Bremen 2001: Love and peace and understanding
■ Von Krawallen am Sielwalleck keine Spur: Der Jahreswechsel 2000/2001 blieb weitgehend friedlich – bis auf eine Massenschlägerei in Bahnhofsnähe mit mehreren Verletzten / Und: Bremens Polizei ist endlich wieder selbstständig
Nix war. Die letzte Jahr-2000-Nacht in Bremen verlief fast störungsfrei. Kaum Krawalle. Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste in Bremen sprachen einhellig von einer „ausgesprochen ruhigen Nacht“ zum ersten wahren Millenniumswechsel. Für Aufregung bei der Polizei sorgte lediglich eine Massenschlägerei in Bahnhofsnähe um sieben Uhr morgens.
Dabei wurden drei Menschen durch Messerstiche schwer verletzt. Zudem erlitten mehrere Personen leichtere Verletzungen. Wie die Polizei mitteilte, waren rund 30 Menschen an der Auseinandersetzung vor einem Lokal beteiligt. Neben Messern seien auch Totschläger eingesetzt worden. Um alle Beteiligten voneinander zu trennen, sei die Hilfe von 20 Streifenwagenbesatzungen notwendig gewesen, hieß es.
Am Sielwall blieb es dagegen in der Silvesternacht einigermaßen ruhig: Rund 400 Menschen feierten dort – allerdings unter starkem Polizeiaufgebot. Dieses riegelte den einstigen Krawalltreffpunkt ab, damit der Verkehr „die ganze Nacht ungehindert den Kreuzungsbereich passieren“ konnte. Die Law-and-Order-Strategie sei eben auch in dieser Silvesternacht sehr erfolgreich gewesen, verkündete Innensenator Bernt Schulte (CDU) ges-tern. Rund 200 Einsatzkräfte hatte die Polizei insgesamt im Einsatz. Auf Einheiten des Bundesgrenzschutzes und anderer Bundesländer konnte diesmal verzichtet werden, nachdem es auch in den vergangenen vier Jahren nicht zu Ausschreitungen gekommen war. Schultes frohe Botschaft: Die Krawalle am Sielwall seien inzwischen Geschichte. „Die Schauplätze und Probleme haben sich verlagert“, sagte auch ein Polizeisprecher.
Ohne die Chaos-Nacht im Viertel blieb es auch in den Krankenhäusern einigermaßen ruhig. „In Relation zu den Krawallen damals hatten wir nicht viel zu tun“, meldete das Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße: 30 Patienten nach Mitternacht. Ein Routine-Einsatz: Knallerverletzungen, Prellungen, Knochenbrüche nach Glatteis-Ausrutschern, oder Behandlungen nach zu starkem Alkoholgenuss.
Außer Müllcontainerbränden nichts gewesen. Rund 60 Mal musste die Bremer Feuerwehr bis ges-tern früh um sechs Uhr ausrücken – meist (40 Mal) in Richtung brennende Müllkübel. 86 Kräfte hatte die Feuerwehr in der Böller-Nacht im Dienst. Erst am Neujahrsmorgen musste ein Wohnungsbrand in Tenever gelöscht werden. Alles in allem blieb der Einsatz „im normalen Rahmen“, so ein Sprecher.
In Bremerhaven dagegen musste die Feuerwehr ab fünf Uhr früh noch einen Großeinsatz leisten: Ein Reetdachhaus in Wulsdorf brannte bis auf die Grundmauern ab. 32 Einsatzkräfte waren viereinhalb Stunden mit Löschen beschäftigt. Verletzt wurde niemand, der Sachschaden steht noch nicht fest. Brandstiftung wird aber nicht ausgeschlossen. Auch den wohl tragischsten Einsatz der Nacht hatte die Feuerwehr in Bremerhaven zu verzeichnen: Um 21 Uhr wurde sie von Nachbarn gerufen: Ein 64-Jähriger sei an Herzversagen gestorben. Seine Frau hätte um Hilfe gerufen, sei aber „nicht ansprechbar“ gewesen. Bis zum Eintreffen der Feuerwehr war auch die Ehefrau vor Aufregung an plötzlichem Herzversagen gestorben. pipe
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