: Schwarz – Grün auf Schnupperkurs
■ Noch im Januar wollen sich CDU und Grüne zu ersten Gesprächen treffen, um zu sondieren, wo es Gemeinsamkeiten zwischen beiden Parteien gibt / Gibt es eine Koalition nach 2003?
Die Neujahrsbotschaft des Bremer CDU-Chefs war ein klares politisches Signal: Schwarz-grüne Koalitionen seien „auch in Bremen durchaus denkbar“, befand Bernd Neumann. Die Einladung, Gespräche zu führen, nehmen die Bremer Grünen jedenfalls an: Noch im Januar soll es eine Art „Gipfeltreffen“ mit den Konservativen geben, an dem jeweils die Spitzen aus Fraktion und Vorstand teilnehmen sollen.
In beiden Parteien ist dieser Schritt nicht unumstritten. „Wir führen regelmäßig Gespräche“, versucht CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff Normalität in die Sache zu bringen. Auch Klaus Möhle, vom grüne Landesvorstand will das Thema nicht hochhängen: „Wir machen ja noch lange keinen Koalitionsvertrag.“
Aber beide Lager wollen offenbar nicht länger mit der SPD als einzig möglichem Koalitionspartner vorlieb nehmen. „Was ist eigentlich an den Sozis so attraktiv?“ fragt sich Klaus Möhle: „Wir schielen jetzt schon seit Jahren auf rot-grün, und die bewegen sich nicht einen Schritt.“ Ähnliche Gedanken haben die Unions-Politiker: In einem quasi Drei-Parteien-Parlament könne es nicht angehen, dass nur die „SPD die Wahl hat, sich einen Koalitionspartner zu suchen.“
Vor allem bei den Konservativen scheint man umzudenken: „Man muss gerechterweise sagen, dass sich die Standpunkte auch bei uns verändert haben“, gesteht zum Beispiel der bildungspolitische Sprecher der CDU, Klaus Bürger: Die Scheuklappen vor den Grünen sind offenbar gefallen. Vor allem in der Bildungspolitik gebe esAnknüpfungspunkte: „Wir haben oft das gleiche Ziel, nur unterschiedliche Wege“, erklärt Bürger. Selbst beim Stichwort Homo-Ehe glaubt er, „dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.“
CDU Schatzmeister Wolfgang Schroers sieht ebenfalls „eine Reihe von Gemeinsamkeiten“ in der Wirtschaftspolitik und im Umgang mit neuen Technologien. In 90 Prozent der Wirtschaftsfördermaßnahmen stimme man mit den Grünen überein. Nur: „Die Grünen wollen nicht so viel in Großprojekte investieren – aber darüber kann man sich dann ja unterhalten.“ Bei Streitfragen wie dem Hollerland sei es schließlich egal, ob man an der SPD oder an den Grünen scheitere, hatte auch schon Jens Eckhoff bei buten & binnen erklärt.
Trotzdem gärt es bei den Parteien. Die CDU möchte am liebsten Stillschweigen bewahren, um die Annäherungsversuche nicht zu gefährden. Der grüne Landesvorstand ist deswegen inzwischen sogar verkracht. Im Gegensatz zu Möhle hält Kollege Wolfram Sailer die Diskussion für völlig überflüssig: Die Bremer CDU mit Kohls treuem Gefolgsmann Neumann sei kein „geeignetes Objekt für schwarz-grüne Blütenträume“. Auch die grüne Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert glaubt, dass die Konservativen nur von den Schwierigkeiten innerhalb der großen Koalition ablenken wollen. Vor allem in Fragen der Innen- und Asylpolitik sei man „meilenweit“ voneinander entfernt.
Die Seite der CDU-Senatoren Hartmut Perschau und Bernt Schulte hält klar an der großen Koalition fest: „Zurzeit gibt es keinen Anlass sich mit dem Thema zu beschäftigen.“ Die Zusammenarbeit mit der SPD im Rathaus laufe gut.
Dabei gibt es bei einigen Abgeordneten durchaus ein Interesse an dem Gespräch der Fraktionen: Stimmen in der CDU behaupten, dass inzwischen große Teile der CDU-Fraktion mit den Ökos keine Probleme hätten. Und Hermann Kuhn von den Grünen ist schlicht „gespannt auf das Ergebnis, und ob sie sich noch ein zweites Mal treffen“. Kurz nach der Bürgerschaftswahl 1999 hatte er in der taz erklärt, dass die Grünen in zwei Jahren soweit seien, mit beiden Parteien zu reden. „Aber da haben wir sogar noch ein halbes Jahr Zeit.“ pipe
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