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GENVERÄNDERTER AFFE: VERSPRECHUNGEN DER FORSCHER SIND UNSERIÖSGib dem Affen Zucker

Die Zutaten sind ganz einfach: Man nehme ein paar Ei- oder Samenzellen, verändere sie gentechnisch und bringe sie in die Keimzellen einiger Versuchstiere ein. Was dies bei der manipulierten Kreatur bewirkt, ist kaum von Bedeutung. Der wichtigste Schritt des Versuchs folgt ohnehin erst lange nach Abschluss des Experiments: die richtige Pressearbeit, wenn der Artikel in einer Fachzeitschrift erschienen ist oder eine Publikation kurz bevorsteht. Für das Laienpublikum dürfen dann auf keinen Fall die Stichworte „Therapie gegen Krebs“ oder „Behandlung von Alzheimer“ fehlen. Ach ja, ein schnuckeliger Name für das Tierchen, das dann zum Medienstar wird, macht sich auch nicht schlecht. Nach Dolly, Polly und all den anderen ist jetzt also ANDi unter uns.

Genauer will es eh kaum jemand wissen: Dass ANDi nicht, wie geplant, blau leuchtet, ist ja nicht weiter schlimm und dem Tier zu gönnen. Dass dem Publikum jedoch suggeriert wird, mit dem Gen-Affen stünde der Durchbruch im Kampf gegen etliche Volkskrankheiten bevor, ist pure Effekthascherei, wenn nicht gar unseriös. Denn erstens konnten die Forscher aus Oregon, die ein einziges überlebendes genverändertes Tier nach Versuchen mit 224 Eizellen, 40 Embryonen und 20 Leihmüttern schufen, nicht voraussehen, wo sich das zusätzliche Gen in das Erbgut einfügen würde. Dies ist jedoch notwendige Voraussetzung für jede Gentherapie, die erfolgreich sein soll.

Zweitens wurden bei ANDi nicht Körper-, sondern Keimzellen gentechnisch manipuliert, was bisher beim Menschen weltweit verboten ist. Allerdings wird diese Methode von immer mehr Forschern propagiert, da es bei der Gentherapie von Körperzellen bisher nur Rückschläge und sogar einen Todesfall zu verzeichnen gab. Doch egal ob Körper- oder Keimzellen manipuliert werden: Bei beiden Verfahren kann nicht sicher gestellt werden, wo sich das Gen in den Erbstrang einfügt. Das richtige Gen am falschen Platz verhindert nicht nur einen Therpieerfolg, sondern kann fatale Folgen haben, zu Krankheit oder gar zum Tod führen.

So erweist sich die Sensationsmeldung vom heilbringenden Gen-Affen als Werbeaktion für weitere Grenzüberschreitungen im Bereich der Gentechnik: Nicht nur dem Affen, auch dem Publikum soll Zucker gegeben werden. Wer jetzt lauthals den Kurzschluss „Gen-Affe führt zu Therapiedurchbruch beim Menschen“ im Munde führt, verkürzt die Zusammenhänge so unzulässig wie ein Bauarbeiter, der sich der Ersten Hilfe rühmt, nur weil auf der Straße die er baut, einmal ein Rettungswagen fahren kann. WERNER BARTENS

Redakteur der Badischen Zeitung und Autor des Buchs „Die Tyrannei der Gene“

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