: An alle Aktivisten:Zieht euch warm an
Die Industrie will Kampagnen-Strategien von NGO übernehmen und Informationen über „Gegner“ sammeln
DÜSSELDORF taz ■ Die im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zusammengeschlossenen Firmen wollen offensiver auf die Kritik von Nichtregierungsorganisationen (NGO) reagieren und verstärkt eigene Kampagnen durchführen. In dem der taz vorliegenden Diskussionspapier „Nichtregierungsorganisationen – Herausforderung für die Wirtschaftsverbände“ beklagt der BDI den großen Einfluss unabhängiger Organisationen auf die öffentliche Meinung: „Ihre internationale Vernetzung schafft den NGO einen Wissens- und Handlungsvorsprung. Organisationen wie amnesty international oder der WWF gelten in der breiten Öffentlichkeit als glaubwürdig und haben einen hohen Vertrauensvorschuss.“
Sorge bereitet den Industrielobbyisten, dass NGO nicht nur die klassischen Problemfelder Umwelt und Menschenrechte beackern, sondern auch zu wirtschaftsrelevanten Themen wie internationaler Handel, Produktionsbedingungen oder Auslandsinvestitionen Stellung beziehen. Der BDI hat eine Arbeitsgruppe gebildet, die Informationen über Mitgliedschaft, Finanzierung und innere Struktur der wichtigsten NGO sammelt und Strategien zum Umgang mit der unliebsamen Konkurrenz erstellt. In Zukunft will der BDI verstärkt Techniken von NGO kopieren und eigene Kampagnen durchführen – etwa zur Gentechnik oder den Auswirkungen der Globalisierung.
Um auf die Spezialisierung der Kritiker besser reagieren zu können, soll ein Expertennetzwerk mit Unternehmensvertretern aufgebaut werden; dieses soll besonders auf europäischer Ebene aktiv werden und verstärkt das Gespräch mit Politikern und EU-Beamten suchen. Die interne Kommunikation soll mittels E-Mail-Verteilern gewährleistet und somit ebenfalls den NGO abgeschaut werden – die legendäre „Battle of Seattle“ war fast vollständig über das Internet organisiert worden.
Im Konfliktfall unterscheiden die Experten des BDI drei Handlungsmuster: Nichtbeachtung, Dialog und Konfrontation. Die Strategie der Nichtbeachtung wird nur bei unbekannten und machtlosen Gegnern empfohlen. Auch eine konfrontative Herangehensweise, bei der die Kritiker diskreditiert oder mit Prozessen bedroht werden, habe sich wegen des entstehenden Imageverlusts nicht bewährt. Empfohlen werden daher Dialogrunden mit NGO, mit denen „Expertisen abgeschöpft“ und den Kritikern der Wind aus den Segeln genommen werden.
PHILIPP MIMKES
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