Horror schwarz auf weiß

■ Innenbehörde: Traumatisierte Flüchtlinge sollen Erlebtes offen legen

Die Flüchtlingsberatungsstelle „Fluchtpunkt“, die Bürgerschaftsgruppe Regenbogen, ÄrztInnen und PsychologInnen kritisieren eine neue Weisung der Hamburger Innenbehörde zum Umgang mit traumatisierten Bürgerkriegsflüchtlingen aus Bosnien, Herzegowina und dem Kosovo. Diese sollen seit Januar, wenn sie eine Aufenthaltsbefugnis erhalten wollen, ein Attest vorlegen, das eine „genaue Beschreibung des das Trauma auslösenden Ereignisses“ enthält.

Anlass für die Weisung war der Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK) vom 23./24.11.2000, für „schwer traumatisierte“ und alte Flüchtlinge aus diesen Gebieten eine dauerhafte Bleiberechtsregelung zu finden. Schon die Formulierung „schwer traumatisiert“ stößt bei ÄrztInnen auf Kritik. „Es gibt keine leichte oder mittlere Traumatisierung“, sagt Klaus Weber, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in Wilhelmsburg. Als ein „absolutes Unding“ bezeichnet er die zusätzliche Hamburger Frage nach dem Ereignis, das das Trauma ausgelöst hat. „Es ist gerade für eine Traumatisierung typisch, dass die Betroffenen versuchen, das Ereignis zu vergessen – manche können sich tatsächlich nicht erinnern.“ In einer Therapie sprächen viele erst spät darüber, was ihnen passiert ist. „Wenn sie es nun erzählen, nur weil die Behörde das verlangt, und sie hier bleiben wollen, dann ist das Trauma wieder wie neu.“

Die Innenbehörde rechtfertigt sich: Man wolle doch gar keine Details wissen. Aber es müsse eben transparent sein, dass das Trauma durch ein Bürgerkriegsereignis ausgelöst wurde. Deshalb müsse auf dem Attest die Lagerhaft oder die Vergewaltigung erwähnt werden – mehr aber nicht. Behörden-Sprecher Christoph Holstein sichert einen „sensiblen Umgang“ im Einzelfall zu, insbesondere mit Opfern sexueller Gewalt oder wenn Flüchtlinge bisher noch nicht über das Ereignis gesprochen hätten.

Die KritikerInnen sehen dennoch einen Bruch der ärztlichen Schweigepflicht. Regenbogen-Abgeordnete Susanne Uhl: „Die Bedingungen der Innenbehörde sind zutiefst getränkt von Misstrauen gegenüber ÄrztInnen und PatientInnen.“ Heike Dierbach