Stadtstaaten sollen Geld abgeben

Neue Runde im Pokerspiel zur Neuregelung des Länderfinanzausgleichs: Geberländer legen Gutachten zum Mehrbedarf der Stadtstaaten vor. Setzen sie sich durch, müssen Bremen, Hamburg und Berlin mit kräftigen Kürzungen ihrer Zuschüsse rechnen

von NICK REIMER

Für Hessens Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) ist die Sache eindeutig: „Das Bundesverfassungsgericht hat 1999 den bestehenden Länderfinanzausgleich nicht nur für verfassungswidrig erklärt, sondern auch klare Arbeitsaufträge erteilt.“ Und weil die Geberländer Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen das Bundesverfassungsgericht „sehr ernst nehmen“, haben sie Wissenschaftler beauftragt, die Arbeit zu machen. Gestern stellten die Finanzminister der vier Länder die Ergebnisse zur so genannten Stadtstaatenwertung vor: Der Mehrbedarf, den Berlin, Bremen und Hamburg anmelden, sei ungerechtfertigt.

Bislang wird dieser Mehrbedarf pauschal mit 135 Prozent angerechnet. Diese Festlegung basiere nicht auf Realitäten, sondern sei eine Fiktion, erklärte Bernd Huber von der Universität München. „Nach unseren Rechnungen liegt der Mehrbedarf für Bremen bei maximal 113 Prozent, der von Hamburg bei maximal 119, der Berliner bei 120 Prozent.“ In der als Output-Modell bezeichneten Rechnung verglichen die Wissenschaftler die „Kosten pro Stück Leistung“ der Stadtstaaten mit denen der Flächenländer – also etwa bei Polizei, Schulbildung, Verwaltung. Das als Input bezeichnete Modell kommt zu einer noch wesentlich drastischeren Verringerung. Ihm liegt der Vergleich von Bewirtschaftungskosten zu Grunde – also Strom, Miete und Ähnlichem. Die ifo-Studie geht jetzt in das von den Südländern angekündigte Modell zum Länderfinanzausgleich ein, das am Mittwoch in Stuttgart vorgestellt wird. Danach dürften Hamburg, Berlin und Bremen deutlich weniger als die Hälfte aus dem Ausgleichstopf erhalten. In Zahlen ausgedrückt: ein Minus von über 2, 1 Milliarden Mark für Berlin. Bremen verliert zwei Drittel.

Auf der letzten Finanzministerkonferenz hatten zehn Nehmerländer und Hamburg dem so genannten Hannoveraner Modell zugestimmt. „Diese Vorlage ist nicht verfassungskonform“, sagte Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser gestern. Zwar wolle er Karlsruhe nicht anrufen. Um dies zu vermeiden sei aber eine andere Vorlage notwendig. „Das Bundesverfassungsgericht hat uns beauftragt, objektive Kriterien für den Länderfinanzausgleich zu liefern“, erklärte Gerhard Stratthaus, Finanzminister von Baden-Württemberg. Diese lägen jetzt vor.

In einer ersten Stellungnahme erklärte Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD), das Prinzip „des Stadtstaatenprivilegs, bei dem Einwohner mit 135 Prozent gewertet werden, steht nicht zur Disposition“.