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Neues aus demWestenPressefreiheit auch in Ostfriesland

■ Ein Leeraner Journalist ärgert die Obrigkeit: Rathausverbot

„Der Wecker“ heißt die Sonntagszeitung aus dem General-Anzeiger-Verlag, die im ganzen Kreis Leer verbreitet ist. Der Redakteur Gunnar Drobek macht dort seine Arbeit – und fällt der Leeraner Lokalprominenz unangenehm auf. Er sprach darüber mit der taz und hat auch gleich das nächste Ei des Ärgers gelegt (siehe Kasten).

taz: Sie haben im Rathaus in Leer in Ostfriesland Hausverbot bekommen und „Informationsverbot“. Was soll das sein?

Gunnar Grobek: In echt oder auf ostfriesische Art?

Erst mal auf ostfriesich.

Niemand redet mit mir.

Niemand redet mit Ihnen?

Ja. Die haben richtig unterschieden danach, wer von unserer Redaktion anruft. Das hat zu Notwehr-Reaktionen der Art geführt, dass eine Kollegin im Rathaus angerufen hat, die stellte meine Fragen und ich habe am Lautsprecher das Ganze mitgehört.

Was haben Sie Böses getan?

Ich habe einfach meinen Job gemacht. Ich habe in unserer Wochenzeitung „Der Wecker“ über ein Thema der Lokalpolitik berichtet, aber nicht so, wie die das landläufig offenbar gewohnt waren. Ich habe nicht nur aus der Sicht des Bürgermeisters berichtet, sondern auch Stimmen von dritter, vierter, fünfter Seite eingeholt. Die anderen Meinungen waren leider nicht auf Linie des Bürgermeisters.

Um welches Thema ging es?

Es ging um den Bau einer Park&Ride-Anlage.

Park&Ride.

Ja.

Und Sie meinten ernsthaft, dass man in Ostfriesland in der Zeitung über Park&Ride anders berichten kann als der Bürgersmeister es richtig findet?

Eigentlich sollte man das doch dürfen, oder nicht?

Was ist das für ein Mann, Bürgermeister Günther Boekhoff?

Jetzt wollen Sie mich aber aufs Glatteis führen. Also, ich bin für den General-Anzeiger erst seit drei Jahren hier.

Wie alt sind Sie?

30.

Also kein Alt-68-er. Kein Joschka-Fischer-Anhänger.

Um ein Joschka-Fischer-Anhänger zu sein, muss man kein Alt-68-er sein.

Gut.

Womit ich nicht gesagt habe, dass ich einer bin. Aber ich bin kein Ostfriese, vielleicht ist das entscheidende.

Kommen wir zurück auf Ihren Bürgermeister.

Der ist seit 25 Jahren im Amt und scheint nicht gewohnt zu sein, dass widersprochen wird. Dass seine Themen nicht 1:1 weitergeleitet werden durch die Zeitung. Wobei in diesem Falle die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leer ja die Frage aufgeworfen haben, ob hier alles richtig läuft und zu einer anderen Antwort gekommen sind als in den Jahren zuvor.

Das heißt: Sie haben nur dem Volk aufs Maul geschaut.

Die Freiheit habe ich mir genommen.

Wann haben Sie das Haus- und Informationsverbot bekommen?

Mit Schreiben vom 19.12.

Also richtig vorweihnachtlich. Sie sind vor Gericht gezogen?

Ich habe beim Lamdgericht in Aurich einen Eilantrag auf Aufhebung des Hausverbotes gestellt, die Verlagsgruppe General- Anzeiger hat gegen das Informationsverbot vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg geklagt.

Und?

Das Landgericht Aurich hat das Hausverbot mit sofortiger Wirkung aufgehoben bzw. den Bürgermeister aufgefordert, das zu tun. Der hat daraufhin am 11.1. auch das Informationsverbot zurückgenommen.

Das bedeutet: Das Grundgesetz garantiert die Pressefreiheit auch in Ostfriesland?

Offenbar ja.

Wenn Sie jetzt ins Rathaus gehen oder im Rathaus anrufen, kriegen Sie dann ordentliche Antworten auf Ihre Fragen?

Naja, was sind ordentliche Antworten? Ich kriege Antworten.

Sie kriegen nicht das gesagt, wonach Sie gefragt haben?

Es ist natürlich ein gespanntes Verhältnis. Der Bürgermeister hat dabei einen erfrischenden Humor und kann mittlerweile manchmal darüber lachen. Der Pressesprecher nicht so.

Der sieht das verbiesterter als der Bürgermeister selbst?

Der ist auch in einer anderen Situation. Boekhoff hat erklärt, dass er im September aus dem Amt scheidet, sein Pressesprecher bewirbt sich um die Nachfolge.

Sein Pressesprecher bewirbt sich um seine Nachfolge!!!

Sehen Sie, und das ist das eigentlich schöne Thema. Das sind Konstellationen, die dazu führen, dass jemand, der als Störenfried wahrgenommen wird, weggebissen werden soll.

Aber Sie bleiben beim General Anzeiger?

Gerne sogar.

Fragen: Klaus Wolschner

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