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Enttäuschte Friedenshoffnungen

In Kaschmir reduzieren Anschläge und Selbstmordangriffe radikaler Separatisten die indische Friedensbereitschaft und machen eine Verlängerung des von Indien einseitig erklärten Waffenstillstands immer unwahrscheinlicher

DELHI taz ■ Bei drei Anschlägen mutmaßlicher Separatisten sind am Wochenende im indischen Teil Kaschmirs mindestens acht Menschen getötet und 60 verletzt worden. Ein Bus, in dem auch Soldaten und Polizisten reisten, fuhr 40 Kilometer nördlich von Srinagar auf eine Mine. Sechs Insassen starben, 32 wurden verletzt. In Srinagar warfen Unbekannte eine Handgranate. Sie forderte zwei Tote und 22 Verletzte. Zuvor wurden bei einem Bombenanschlag auf das Büro der in Kaschmir regierenden „Nationalkonferenz“ in Jammu sechs Menschen verletzt.

Durch die Zunahme der Angriffe mutmaßlicher kaschmirischer Guerillas, die einen Friedensdialog ablehnen, wachsen in Indien die Zweifel am Sinn des Waffenstillstands in Kaschmir. Die einseitig von der Regierung in Delhi erklärte Feuerpause läuft am 26. Januar aus.

Die Gruppe Lashkar e-Toyba führt immer mehr Selbstmordangriffe durch. Am vergangenen Mittwoch wollten sechs ihrer Mitglieder den Zivilflughafen von Srinagar stürmen. Sie wurden bereits am äußersten Sicherheitsring erschossen, doch starben auch vier Soldaten und zwei Zivilisten. Einen Monat zuvor gab es einen Angriff auf die Militärkaserne im Red Fort, der historischen Festungsanlage von Delhis Altstadt. Und vor einer Woche entging Kaschmirs Chefminister Farooq Abdullah einem Attentat. Die Anschläge zeigen, dass sich nicht alle kaschmirischen Separatisten in einen Dialog einbinden lassen. Die Falken im indischen Establishment werten die Angriffe auch als Zeichen, dass Pakistan weiterhin auf beiden Klaviaturen spielt.

Das Militärregime in Islamabad begrüßt zwar Gespräche und drängt auf ein Gipfeltreffen beider Staaten. Es verringerte auch seine Truppen an der Waffenstillstandslinie und stellte das Artilleriefeuer ein. Doch General Pervez Musharraf weigerte sich, den Angriff auf das Red Fort zu verurteilen. Er nannte ihn eine „innere Angelegenheit Indiens“, obwohl sich die Urheber von Islamabad aus zur Tat bekannten.

Das deutlichste Zeichen, dass die mit der Feuerpause verbundenen Hoffnungen schwinden, ist die immer noch nicht erfolgte Abreise einer Delegation der Hurriyat-Konferenz, der antiindischen Opposition in Kaschmir, nach Islamabad. Da Indien gemeinsame Gespräche mit Pakistan und den kaschmirischen Separatisten ablehnt, um Letzteren nicht den gleichen Rang wie einem Staat zu geben, soll der Dialog zwischen Hurriyat und Pakistans Regierung eine Serie von direkten Kontakten beginnen. Unter den fünf Hurriyat-Delegierten ist auch der Jamaat-Islami-Führer Sayeed Ali Geelani. Er steht einem Friedensprozess feindlich gegenüber. Indien verweigert deshalb der Delegation die Reisepapiere. Liberale Kreise finden dies kurzsichtig: Geelani verleihe der Guerillabewegung als wichtigem Teil der Hurriyat eine Stimme, womit sie quasi gegen ihren Willen in Verhandlungen einbezogen werde. Kaschmirs Chefminister Abdullah überraschte jetzt damit, noch im Januar Lokalwahlen durchzuführen. Der Chefminister, dessen Partei zur in Delhi regierenden Koalition gehört, widersetzt sich insgeheim dem Öffnungsprozess von Premier A. B. Vajpayee, da er seinen Erzfeinden im Hurriyat Auftrieb gibt. Umgekehrt reizen Lokalwahlen die Guerilla und bieten ihr angesichts des Waffenstillstands der Armee ein offenes Schussfeld. Kommt es zur Ermordung von Kandidaten, so Abdullahs zynische Logik, wird Delhi seine Initiative abblasen müssen. BERNARD IMHASLY

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