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Rechter Mann in Zwangsarbeiter-Stiftung

Auch in Wirtschaftskreisen wächst der Widerstand gegen Lothar Ulsamer, den designierten Chef des „Zukunftsfonds“

BERLIN taz ■ Die Bundesstiftung zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter kämpft um ihr Image: Nicht nur die Auszahlung der Gelder verzögert sich immer mehr, auch der Druck auf den designierten Chef des „Zukunftsfonds“, Lothar Ulsamer, wächst. Im Kuratorium formiert sich Widerstand gegen den Soziologen: Noch in den 90er-Jahren bewegte sich Ulsamer publizistisch im Spektrum zwischen Schwarz und Braun (taz berichtete).

Selbst in Chefetagen der Wirtschaft beginnt man sich zu fragen, ob der bisherige Büroleiter der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft und Mitarbeiter des Verhandlungsführers, DaimlerChrysler-Finanzvorstand Manfred Gentz, noch tragbar ist. Als Chef des Zukunftsfonds würde Ulsamer über 700 Millionen Mark verfügen und Erinnerungskultur wie Außenbild der Bundesrepublik mitprägen.

Ob er der rechte Mann ist, erscheint zweifelhaft. Denn in seiner Ende der 80er-Jahre erschienenen Doktorarbeit und einer darauf beruhenden Schrift hat Ulsamer Intellektuellen und Schriftstellern wie Heinrich Böll vorgeworfen, „Wegbereiter für Anarchismus und Gewalt“ zu sein. Die Grande Dame der FDP, Hildegard Hamm-Brücher, hatte das Werk als „reinen Rechtsradikalismus und die Vorstufe zur Bücherverbrennung“ eingestuft. Noch 1994 druckte die Junge Freiheit einen Artikel mit Ulsamers Namen. Dieser wurde angeblich ohne sein Wissen aus einer Broschüre zur Familienpolitik entnommen.

Nun kommen neue Vorwürfe: Er habe 1991 einen Artikel in der Zeitenwende publiziert, dem Organ des „Nationaleuropäischen Jugendwerks“. Dieses war von dem Rechtsanwalt Ludwig Bock gegründet worden und soll schon mal Hitlers Geburtstag gefeiert haben. Bock, Verteidiger des Ex-NPD-Chefs Günther Deckert, wurde bereits wegen Volksverhetzung verurteilt. Auf Anfrag der taz hatte sich Ulsamer im Dezember nicht von seiner Doktorarbeit distanziert. „Zum damaligen Zeitpunkt“, so Ulsamer, sei sie durchaus „richtig und legitim“ gewesen. Das Werk sei nicht „als rechts oder rechtsradikal“ einzustufen.

Wegen seiner ultrakonservativen Vergangenheit erfährt Ulsamer, der auch Krimis geschrieben hat, nun auch im „Syndikat“ Gegenwind, der Vereinigung deutschsprachiger Krimiautoren, deren Mitglied er ist. Im Dezember wurde ein Ausschlussantrag gestellt. Im Mai will die Vollversammlung der Autoren darüber entscheiden. Sein Name steht auf der Tagesordnung ganz oben. PHILIPP GESSLER

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