: Hisbollah unter Verdacht
Zehntausende Kurden trauern in Diyarbakir um den ermordeten türkischen Polizeichef
ISTANBUL taz ■ Nach dem spektakulären Mord am Polizeichef von Diyarbakir und fünf weiteren Polizisten am Mittwoch vergangener Woche, hat eine vom Innenminister eingesetzte Sonderkommission am Samstag vier mutmaßliche Attentäter identifiziert. Die vier gehören zum Führungskreis der türkischen radikalislamischen Hisbollah und wurden aufgrund von Fingerabdrücken und Fotos erkannt. Ein Auto, das bei dem Attentat benutzt worden sein soll, ist auf den Namen eines Mannes registriert, der inzwischen in Deutschland lebt. Auch der mutmaßliche Initiator des Attentats, der Chef der türkischen Hisbollah, Isa Altsoy, soll laut Polizeiangaben im letzten Jahr nach Deutschland geflüchtet sein und sich dort versteckt halten.
Gaffar Okkan, der getötete Polizeichef von Diyarbakir, der größten Stadt im überwiegend kurdisch besiedelten Südosten, war erst seit drei Jahren auf seinem Posten und hat sich dort offenbar den Respekt der örtlichen Bevölkerung erworben. Es war das erste Mal überhaupt, schrieb die Zeitung Radikal erstaunt, dass die Bevölkerung von Diyarbakir einschließlich der Repräsentaten der prokurdischen Hadep zu Ehren eines Beamten des türkischen Staats einen Trauermarsch mit zehntausenden Teilnehmern veranstaltete. Dass Okkan auch unter der kurdischen Bevölkerung so beliebt war, hing damit zusammen, dass er der erste hohe Repräsentant aus Ankara war, der sich ernsthaft um die Aufklärung von vielen Fällen von Verschwundenen kümmerte und dazu als der Mann galt, der am konsequentesten gegen die Hisbollah vorging. Aus diesem Grund vermutete man auch sofort die Urheberschaft des Attentats in den Reihen der Hisbollah, die Okkan angeblich schon vor Monaten auf eine Todesliste gesetzt hatten. JÜRGEN GOTTSCHLICH
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